Die Zukunft des Sports

Die Zukunft des Sports

Fünf Thesen von Trendforscherin Anja Kirig

Wie sieht die Zukunft des Sports aus? Was wird Bewe­gung für die Menschen in einigen Jahren bedeuten? Anja Kirig beschäf­tigt sich seit 2004 für die Zukunfts­in­stitut GmbH als Zukunfts- und Trend­for­scherin mit den großen gesell­schaft­li­chen Entwick­lungen. Beim ISPO Digi­tize Summit Ende Juni in München stellte sie ihre fünf Thesen vor.

1. Der Sport muss zum Menschen kommen, nicht der Mensch zum Sport

„Sport ist immer mehr zu einer Frage der Zeit geworden“, erklärt Kirig. „Das bedeutet aber auch, dass sich die Sphären Arbeit und Frei­zeit immer mehr vermi­schen.“ Daraus folge auch die Über­le­gung, wie man den Sport in die Arbeit bringen könne.

Yoga-Kurse in der Mittags­pause sind längst keine Selten­heit mehr, sondern dein Teil der Zukunft des Sports. Spek­ta­ku­lärer sei die Idee einer Bould­er­halle als Cowor­king-Space. „Während die einen im gemein­samen Büro sitzen, klet­tern andere nebenan an einer Wand entlang“, sagt Kirig. „Die Menschen wollen zeit- und orts­un­ab­hängig bleiben – auch beim Sport“, sagt Kirig.

2. Vom Verein zur informellen Sport-Community

„Es lässt sich fest­stellen, dass sich die Gesell­schaft vom Verein zur infor­mellen Sport-Commu­nity entwi­ckelt“, sagt Kirig. „Es gibt eine Sehn­sucht nach neuen Gruppen, nach einem neuen Wir-Gefühl.“

Dies sei beson­ders bei den Mid-Agern, also der Gruppe von arbei­tenden 40- bis 50-Jährigen, ausge­prägt. Diese Gruppe steht wegen Beruf und Familie beson­ders unter Zeit­druck, eine zusätz­liche Verpflich­tung in einem Sport­verein kommt daher nicht infrage. „Sie fühlen sich von flexi­blen Sport­club-Mitglied­schaften beson­ders ange­spro­chen“, meint Kirig.

3. Technik gehört zum Training

Technik gehört immer öfter zum Trai­ning als Hilfs­mittel dazu. „Ich würde sogar noch weiter­gehen: Technik wird zu unserem Trainer“, sagt Kirig. Die rasante Entwick­lung von Weara­bles stelle den Sport schon heute auf den Kopf. „Smarte Klei­dung kann zum Beispiel Bewe­gungen beim Yoga korri­gieren“, sagt Kirig. Wer auf der ISPO Munich 2018 war, kennt viele solcher Beispiele aus der Zukunft des Sports.

Doch was vor einiger Zeit noch als Spie­lerei einiger Tech­nik­freaks galt, ist heute in der breiten Masse ange­kommen. „Technik erreicht nun auch die Hobby­sportler“, sagt Kirig. Experten erwarten, dass sich der jähr­liche Absatz von Smart Watches bis zum Jahr 2022 auf 84,1 Millionen nahezu verdop­pelt.

Der nächste Schritt: Nach der Beklei­dung werden nun auch immer mehr Spiel­ge­räte wie Basket­bälle oder Fußbälle intel­li­gent.

4. Sport findet in real-digitalen Welten statt

„Die Barrieren zwischen real und digital werden sich mehr und mehr auflösen“, ist Anja Kirig über­zeugt. Bereits 2016, auf dem Höhe­punkt des Pokémon-Go-Hypes, hätten sich Lauf­gruppen gebildet, die gemeinsam nach den virtu­ellen Figuren jagten.

Augmented Reality wird im Sport eine größere Rolle spielen, genauso wie E‑Sports selbst. „Das macht vor keiner Alters­schicht halt“, sagt Kirig und nennt das Beispiel der „Silver Snipers“, einer Gruppe von Rent­nern, die als Team auf Coun­terstrike-Events antreten. „Sport und E‑Sports kennen kein Alter“, sagt Kirig.

5. Sport ist Lebensgefühl – zwischen Slow, Extrem und Selbstdarstellung

„Sport ist mehr als Leis­tung, sondern Stütz­pfeiler unserer Zivil­ge­sell­schaft – viel­leicht sogar ein Grund­recht“, sagt Kirig. Jede Form der Bewe­gung eines jeden Menschen – mit Hilfe einer Maschine oder ohne – habe seine Berech­ti­gung.

Und das ist doch eine wunder­bare Nach­richt. Denn dies ist es, worauf sich alle einigen können: auf die Freude an Bewe­gung. Die hat immer Konjunktur.

Bitte folgen Sie uns!

 

[et_social_follow icon_style=“slide” icon_shape=“circle” icons_location=“top” col_number=“6” counts=“true” counts_num=“250” outer_color=“dark” network_names=“true”]

Sport der Älteren

„Es bringt doch nix, wenn man immer daheim sitzt“

Der Sport der Älteren wird immer wichtiger

96 Jahre, 20 Liegestützen, 20 km Radfahren – jeden Tag

 „Sport bedeutet mir alles“, sagt Eduard Schwä­gerl. Der 96-Jährige war im Dezember Ehren­gast beim Festakt „20 Jahre Sport der Älteren“ des DOSB im Histo­ri­schen Museum in Frank­furt.  Der frühere Bank­an­ge­stellte begann erst mit 50 Jahren mit regel­mä­ßiger Bewe­gung.  Seitdem lässt ihn der Sport der Älteren  aber nicht mehr los. Jedes Jahr absol­viert er das Deut­sche Sport­ab­zei­chen – selbst­ver­ständ­lich in Gold.  Jeden Morgen macht er seine 20 Liege­stützen und fährt 20 Kilo­meter Rad. „Es bringt doch nix, wenn man immer daheim sitzt“, sagt „Gold­junge“ Schwä­gerl und gibt gleich einen wich­tigen Tipp für dieje­nigen, die sich noch nicht körper­lich betä­tigen. „Man muss den Mut haben, einfach anzu­fangen!“

Durch Sport und Bewe­gung kann Pfle­ge­be­dürf­tig­keit verhin­dert und die Selbst­stän­dig­keit im Alter erhalten werden. Regel­mä­ßiger Sport im Alter verbes­sert nicht nur die Chancen auf anhal­tende Gesund­heit, viele Krank­heiten treten bei regel­mä­ßiger Bewe­gung erst gar nicht auf. Nicht nur die körper­liche Leis­tungs­fä­hig­keit wird durch Sport und Bewe­gung gestei­gert, auch die Gehirn- und Gedächt­nis­leis­tung kann verbes­sert und das Risiko demen­zi­eller Erkran­kungen gar deut­lich verrin­gert werden. Selbst bei hoch­alt­rigen Menschen lassen sich sehr gute Trai­nings­ef­fekte erzielen.

Autor

DOSB/Markus Böcker

Fotograf

Andrea Bowinkelmann, LSB NRW

Die Babyboomer wollen bewegt werden

„Aufgrund des demo­gra­phi­schen Wandels wird der Sport der Älteren immer wich­tiger für die Sport­ver­eine in Deutsch­land“, meint Ute Bles­sing-Kapelke, die beim DOSB den Fach­be­reich Sport der Gene­ra­tionen leitet.  Die Verän­de­rung der Alters­struktur in der Bevöl­ke­rung stellt eine enorme gesell­schafts­po­li­ti­sche Aufgabe dar. Die stärker wach­sende Klientel — die Gene­ra­tion der „Baby­boomer“ errei­chen in den nächsten Jahren das Renten­alter — wird mit neuen Erwar­tungen und Bedürf­nissen auf die Sport­ver­eine zukommen.

Ältere sind eine hete­ro­gene Bevöl­ke­rungs­gruppe, die mehrere Gene­ra­tionen umfasst, vom 50-Jährigen Enkel bis zur 100-Jährigen Groß­mutter. Die Ziel­gruppen der „jungen Alten“, der „Älteren“ und der „Hoch­alt­rigen“ haben sehr verschie­dene Bedürf­nisse für Sport und Bewe­gung. Prof. Ursula Lehr, die über viele Jahre den Lehr­stuhl für Geron­to­logie der Univer­sität Heidel­berg leitete, brachte auch die Alten­heime ins Spiel, in denen es viel zu wenig Bewe­gung gebe. „Dort gibt es viele neue Aufgaben für den Sport“, sagte die heute 87-jährige stell­ver­tre­tende Vorsit­zende der BAGSO (Bundes­ar­beits­ge­mein­schaft der Senioren-Orga­ni­sa­tionen) beim Festakt des DOSB.

Es ist nie zu spät, um anzufangen

Der Landes­sport­bund Nord­rhein-West­falen hat das Projekt „Bewe­gende Alten­ein­rich­tung“ ins Leben gerufen. DOSB-Vize­prä­si­dent Walter Schnee­loch muss jedoch fest­stellen, dass „vor allem viele Spit­zen­ver­bände noch nicht ihre Möglich­keiten ausge­schöpft haben, Ange­bote an Ältere zu machen.“  So früh wie möglich Menschen in Bewe­gung bringen sei ein wesent­li­cher Faktor. Auch der betrieb­liche Gesund­heits­sport könne das unter­stützen. „Wer gewohnt ist, im Berufs­leben beglei­tend Sport zu treiben, der über­trägt das auch leichter in die Frei­zeit und in den Ruhe­stand“.

Durch den Sport der Älteren könnten bis ins höchste Alter noch gesund­heit­liche Verbes­se­rung der körper­li­chen wie auch geis­tigen Leis­tungs­fä­hig­keit erreicht werden. Es ist also nie zu spät anzu­fangen, sagt die Übungs­lei­terin Dany Kupzik, die eine viel­fäl­tige Palette von sport­li­chen Ange­boten für Ältere unter­richtet. Sie ist sich sicher, dass jeder Mensch in jedem Alter einen natür­li­chen Bewe­gungs­drang hat. „Es gibt sehr viele Ange­bote für Ältere, man muss nur richtig hinschauen.“  Wichtig sei es für Sport­ver­eine, auch bisher weniger sport­af­fine Ältere z.B. durch die Koope­ra­tion mit Senioren- und Gesund­heits­or­ga­ni­sa­tionen zu errei­chen.

Die Sportangebote im Sport der Älteren müssen zur Lebenssituation passen

Entschei­dend ist laut Dr. Monika Köster von der Bundes­zen­trale für gesund­heit­liche Aufklä­rung (BZgA) die Situa­tion vor Ort. „Die Ziel­gruppe der Älteren und Alten ist ja nicht homogen. Wir müssen darauf schauen, wo sie leben, in der Stadt, auf dem Land oder gar in sozialen Brenn­punkten. Das müssen wir bei den Entwürfen für Ange­bots­struk­turen berück­sich­tigen.“  Die Sport­wis­sen­schaft­lerin, die über viel Erfah­rung im Bereich der bundes­weiten Markt­ana­lysen über Akteure, Anbieter und Ange­bote im Bereich der Gesundheitsförderung/Prävention verfügt, hält die Parti­zi­pa­tion aller Betei­ligten für eine zentrale Frage. „Die BZgA orien­tiert sich an der Praxis, indem wir alle Player ernst­nehmen und zusam­men­bringen – natür­lich auch die Wissen­schaft und den orga­ni­sierten Sport.“

Intelligente Sporträume & gesellige Angebote

Michael Hofmeister, Leiter des Sozi­al­re­fe­rats des Hessi­schen Städ­te­tages, ist der Meinung, dass in vor allem klei­neren Städten und Kommunen häufig eine bereichs­über­grei­fende Planung für den Sport der Älteren fehle und bekräf­tigte: „Sport­stätten, aber auch Park­an­lagen und andere Räume in der Stadt, müssen so intel­li­gent gestaltet und einge­bunden sein, dass Menschen moti­viert werden, sich dort sport­lich zu bewegen.“ Hofmeister nennt in diesem Zusam­men­hang auch die Trimm-Dich-Pfade und Bewe­gungs­par­cours, die immer mehr Kommunen aktuell wieder­ent­de­cken und neu in das Stadt­bild inte­grieren.

Sehr wichtig für Ältere und damit für den Sport der Älteren ist auch das gesel­lige Angebot der Sport­ver­eine, denn gerade im Alter leben immer mehr Menschen alleine. Die Vereine werden somit eine Art soziale Begeg­nungs­stätte für alle Gene­ra­tionen, die der Verein­sa­mung im Alter entge­gen­steuert. Walter Schnee­loch rief aber auch die Älteren dazu auf, ihre Kompe­tenzen einzu­bringen und Verant­wor­tung zu über­nehmen, denn „ohne die Älteren geht nichts im Ehrenamt der Sport­ver­eine in Deutsch­land“.

Bundesförderprogramm für Sportinfrastruktur

Ist das Pflichtaufgabe oder kann das weg?

Der DOSB fordert Bundesförderprogramm für Sportinfrastruktur

Das Kernthema auf der FSB

Deutsch­land hat neben Straßen, Brücken und Schulen auch seine Sport­stätten jahre­lang vernach­läs­sigt. Der DOSB fordert ein Bundes­för­der­pro­gramm zur Moder­ni­sie­rung der maroden Sport­stät­ten­in­fra­struktur (kurz: Bundes­för­der­pro­gramm für Sport­in­fra­struktur). Die Situa­tion der Sport­stätten war deshalb auch das Kern­thema, das der DOSB auf der Inter­na­tio­nalen Fach­messe für Frei­raum, Sport- und Bäder­an­lagen (FSB) vom 7. bis 10. November in Köln in den Fokus rückte.

Die (Teil-) Sper­rungen von Auto­bahn­brü­cken rücken regel­mäßig ins Schein­wer­fer­licht. Doch das Thema ist eigent­lich viel größer, denn nicht nur Straßen und Brücken sind marode, sondern auch weite Teile der bauli­chen Infra­struktur für die Daseins­vor­sorge der Bürge­rinnen und Bürger wie z.B. Versor­gungs­netze, Schul­ge­bäude und eben auch Sport­stätten. „Es ist erstaun­lich, dass sich Deutsch­land mit erheb­li­chen Versäum­nissen in einem Bereich abzu­finden scheint, welches das renom­mierte DIFU-Institut (Deut­sches Institut für Urba­nistik) gar als ‘Leis­tungen zur Exis­tenz­si­che­rung´ defi­niert: Schlie­ßungen von Schwimm­bä­dern, Unter­richt in Contai­nern sowie unzu­mut­bare sani­täre Schul­an­lagen gehören zum Alltag“, sagt Walter Schnee­loch, DOSB-Vize­prä­si­dent Brei­ten­sport und Sport­ent­wick­lung.

Wie in anderen Berei­chen der Daseins­vor­sorge ist es vor allem Aufgabe der Kommunen, Sport­stätten zu sanieren bzw. zu moder­ni­sieren, zu bauen und finan­ziell zu fördern. Doch die Kommunen sind struk­tu­rell unter­fi­nan­ziert – eine aufga­ben­ge­rechte Anpas­sung der Finanz­ver­fas­sung lässt seit Jahren auf sich warten. „Schul­den­bremsen mögen verfas­sungs­recht­lich sinn­voll sein, haben sich aber zu Inves­ti­ti­ons­bremsen entwi­ckelt. Haus­halts­si­che­rungs­kon­zepte und die staat­liche Finanz­auf­sicht höhlen das kommu­nale Selbst­ver­wal­tungs­prinzip aus, zumal Sport­stät­ten­för­de­rung als frei­wil­lige Aufgabe abklas­si­fi­ziert und damit zur Dispo­si­tion gestellt wird“, sagt Andreas Klages, stell­ver­tre­tender Geschäfts­be­reichs­leiter Sport­ent­wick­lung im DOSB. Juristen in Regie­rungs­prä­si­dien würden häufig nach dem Prinzip entscheiden: Ist das Pflicht­auf­gabe oder kann das weg? Das Problem des Sanie­rungs- und Moder­ni­sie­rungs­staus im Bereich der Sport­stätten sei damit zu einer grund­sätz­li­chen und poli­ti­schen Frage geworden.

Textautor

Walter Schnee­loch
DOSB
Vize­prä­si­dent Brei­ten­sport und Sport­ent­wick­lung
Vize­prä­si­dent des LSB Nord­rhein-West­falen

Kaputte Schulturnhallen

Es braucht eine natio­nale Allianz zur Verbes­se­rung der Moder­ni­sie­rung von Deutsch­lands Infra­struktur  – und hier insbe­son­dere seiner Sport­stätten: ein Bundes­för­der­pro­gramm für Sport­in­fra­struktur. Walter Schnee­loch sagt: „Wenn selbst in Zeiten einer soliden Wirt­schafts­ent­wick­lung und guter Steu­er­ein­nahmen, geringen Zinsen und einer klaren Problem­ana­lyse Bund und Länder sich nicht zu einer natio­nalen Kraft­an­stren­gung zur Förde­rung der Sport­in­fra­struktur durch­ringen können, ist es schlecht um unser Land bestellt. Man sollte sich schlicht nicht damit abfinden, dass unsere Kinder in kaputten Schul­turn­hallen unter­richtet oder Schwimm­bäder nur deswegen geschlossen werden, weil kein Geld für die Sanie­rung vorhanden ist!“

Dabei ist eins klar: Ohne ein nach­hal­tiges finan­zi­elles Enga­ge­ment des Bundes, der wieder­holt auf unge­plante Steu­er­mehr­ein­nahmen in beträcht­li­cher Höhe blicken kann, sind die Engpässe nicht aufzu­lösen. Es ist zu hoffen, dass der Bund in der Legis­la­tur­pe­riode 2017–2021 ein Bundes­pro­gramm zur Förde­rung der Sport­in­fra­struktur (Bundes­för­der­pro­gramm für Sport­in­fra­struktur) im Umfang von jähr­lich mindes­tens 500 Millionen Euro auflegt. Der DOSB hat hierzu in seinen Wahl­prüf­steinen ein eigenes Kapitel aufge­nommen: http://www.dosb.de/de/organisation/wir-ueber-uns/bundestagswahl-2017/

 

DOSB, Landessportbünde und DFB auf der FSB

Am Messe­stand stellten neben dem DOSB auch die Landes­sport­bünde (LSB) aus Hessen, Nord­rhein-West­falen und Würt­tem­berg sowie erst­mals der Deut­sche Fußball-Bund (DFB) ihre Themen vor. Auch das Bundes­in­stitut für Sport­wis­sen­schaft und der Deut­sche Sport­aus­weis waren dabei.

Der DOSB infor­mierte über die Viel­falt von Sport­räumen in Deutsch­land und darüber, wie Sport­stätten durch Sanie­rungs­stau bedroht sind. Der Sport­dach­ver­band und die Landes­sport­bünde zeigten gute Beispiele, wie Klima- und Ressour­cen­schutz bei Neubau, Moder­ni­sie­rung und Sanie­rung von Sport­stätten gelingen kann. Außerdem präsen­tierte der DOSB das Inter­net­portal für nach­hal­tige Sport­stätten, “Green Cham­pion 2.0”. Das Programm am DOSB-Messe­stand wurde durch zahl­reiche Fach­ver­an­stal­tungen begleitet.

Der Deut­sche Fußball-Bund stellte seine Publi­ka­tionen aus dem Sport­stät­ten­be­reich vor: So veröf­fent­lichte der DFB kürz­lich das aktua­li­sierte Kompen­dium „Sport­platzbau & ‑erhal­tung“ in fünfter, komplett neu über­ar­bei­teter Auflage. Die Veröf­fent­li­chung bündelt das Fach­wissen auf diesem Gebiet im deutsch­spra­chigen Raum auf einzig­ar­tige Weise.

Textautor

Andreas Klages
DOSB
stv. Geschäfts­be­reichs­leiter Sport­ent­wick­lung
Ressort­leiter Brei­ten­sport, Sport­räume

Fotograf

Bild­da­ten­bank des LSB NRW

Reform der SALVO

© LSB NRW: Mädchenmannschaft

More Sports!

Die Reform der Sportanlagenlärmschutzverordnung SALVO ist in Kraft

Vor wenigen Tagen trat die Reform der Sport­an­la­gen­lärm­schutz­ver­ord­nung (SALVO) in Kraft. Sie gibt dem Sport mehr Rechts­si­cher­heit und ermög­licht mehr sport­liche Akti­vität, auch in verdich­teten urbanen Räumen. Daher profi­tiert der gesamte Sport vom neuen Immis­si­ons­recht, insbe­son­dere die inner­städ­ti­schen Sport­ver­eine.

Die Probleme der alten SALVO

Die bis dato geltenden Ruhe­zeiten der „alten“ SALVO und Beschwerden der Anwohner hatten immer wieder dazu geführt, dass Sport­ver­eine die Zahl ihrer Jugend­mann­schaften begrenzen mussten und keine neuen Mitglieder mehr aufnehmen konnten. Darüber hinaus wurde die Nutzung von Sport­an­lagen durch die geltenden Ruhe­zeiten beschränkt. Dies verhin­derte auch die wohn­ort­nahe Neuerrich­tung von Sport­an­lagen. Sie wurden in Außen­be­reiche verdrängt. Kommunen und Sport­ver­bände wie DOSB und DFB forderten daher seit vielen Jahren die Moder­ni­sie­rung der SALVO und damit den Inter­es­sens­aus­gleich zwischen Sport­ak­ti­vität und Immis­si­ons­schutz.

Die Ziele der neuen SALVO

Sport hat wich­tige soziale, inte­gra­tive und gesund­heit­liche Funk­tionen. An der Ausübung von Sport bestehen nicht nur private, sondern — insbe­son­dere an der Ausübung von Breiten- und Jugend­sport — auch öffent­liche Inter­essen. Die neue SALVO verfolgt daher diese Ziele:

  • Die Förde­rung wohn­ort­naher Sport­aus­übung durch Neure­ge­lung der Ruhe­zeiten 
  • Die bessere recht­liche Absi­che­rung des Sport­be­triebs auf Anlagen, die bereits vor 1991 geneh­migt oder zuläs­si­ger­weise ohne Geneh­mi­gung errichtet worden sind
  • Die Neure­ge­lung der Immis­si­ons­richt­werte für urbane Gebiete Fußball­platz genutzt werden. Nach der alten Ruhe­zei­ten­re­ge­lung ist vom Mittel­punkt des Spiel­feldes zum angren­zenden allge­meinen Wohn­ge­biet ein Mindest­ab­stand von ca. 150 Metern erfor­der­lich. Aufgrund der Neure­ge­lung kann der Mindest­ab­stand auf bis zu ca. 85 Meter redu­ziert werden.
© LSB NRW
Autor

Andreas Klages DOSB stv. Geschäfts­be­reichs­leiter Sport­ent­wick­lung Ressort­leiter Brei­ten­sport, Sport­räume

Fotos

Bild­da­ten­bank des LSB NRW

© LSB NRW

Was ist neu?

Die Moder­ni­sie­rung der SALVO verzichtet auf eine grund­sätz­liche Neukon­zep­tion der Verord­nung und verbleibt in der bestehenden Struktur: Sie verbindet Richt­werte mit Ruhe­zeiten, Gebiets­ka­te­go­rien und weiteren Krite­rien.

  • Für Sport­stätten vari­ieren die Richt­werte nun zwischen 65 Dezibel und 35 Dezibel, je nachdem, ob die Sport­an­lage in einem Gewerbe‑, Wohn- oder Kurge­biet liegt und zu welcher Zeit gespielt oder trai­niert wird. Im neuen „Urbanen Gebiet“ darf es mit 45 bis 63 Dezibel nun etwas lauter sein als in soge­nannten Kern- oder Wohn­ge­bieten.
  • Die Immis­si­ons­richt­werte für die abend­li­chen Ruhe­zeiten sowie die Ruhe­zeiten an Sonn- und Feier­tagen von 13 bis 15 Uhr wurden nun an die tags­über geltenden Werte ange­passt und so um 5 Dezibel erhöht.

Mit diesen Ände­rungen wird der Zeit­raum, in dem Sport­an­lagen in den Ruhe­zeiten ohne eine Über­schrei­tung der Immis­si­ons­richt­werte genutzt werden können, verlän­gert. Wenn eine Sport­an­lage bisher wegen ihrer Nähe zur Wohn­be­bauung beispiels­weise inner­halb der abend­li­chen Ruhe­zeiten nur 40 Minuten genutzt werden konnte, so ist aufgrund der Neure­ge­lung eine Nutzung während der gesamten zwei­stün­digen Ruhe­zeit zulässig. Die vorge­se­hene Absen­kung des Lärm­schutz­ni­veaus während der Ruhe­zeiten am Mittag und Abend um 5 dB führt zu einer mode­raten Mehr­be­las­tung der Nach­bar­schaft von Sport­an­lagen durch Lärm. Darüber hinaus bleibt das Lärm­schutz­ni­veau nachts unbe­rührt. Die Abstände zwischen Sport­an­lagen und heran­rü­ckender Wohn­be­bauung können in etwa halbiert werden. Dies verdeut­licht folgendes Beispiel: Ausgangs­fall ist die Errich­tung eines Fußball­platzes neben einem angren­zenden allge­meinen Wohn­ge­biet. Während der gesamten Ruhe­zeiten am Abend sowie an Sonn- und Feier­tagen zusätz­lich am Mittag soll der Fußball­platz genutzt werden. Nach der alten Ruhe­zei­ten­re­ge­lung ist vom Mittel­punkt des Spiel­feldes zum angren­zenden allge­meinen Wohn­ge­biet ein Mindest­ab­stand von ca. 150 Metern erfor­der­lich. Aufgrund der Neure­ge­lung kann der Mindest­ab­stand auf bis zu ca. 85 Meter redu­ziert werden.

Alfons Hörmann
Alfons Hörmann

Präsi­dent des Deut­schen Olym­pi­schen Sport­bundes

„Diese Reform macht Deutsch­land sport­freund­li­cher und fördert wohn­ort­nahen Sport. Leider ist man nicht allen unseren Vorschlägen gefolgt. Insbe­son­dere die fehlende Kinder­lärm­pri­vi­le­gie­rung ist eine Soll­bruch­stelle. Warum Kinder auf Bolz­plätzen anderes behan­delt werden als auf sons­tigen Sport­an­lagen, bleibt ein wenig erfreu­li­ches Rätsel.“
© LSB NRW

Der Altanlagenbonus bleibt

Der Sport­be­trieb auf Anlagen, die bereits vor 1991 geneh­migt oder zuläs­si­ger­weise ohne Geneh­mi­gung errichtet worden sind, ist nun recht­lich besser abge­si­chert. Mit der Konkre­ti­sie­rung des soge­nannten Altanla­gen­bonus wird gewähr­leistet, dass der Sport­be­trieb auch bei Umbauten und Nutzungs­än­de­rungen und einer leichten Über­schrei­tung der Lärm­schutz­werte aufrecht­erhalten werden kann. Der Altanla­gen­bonus wird anhand einer Auflis­tung von Maßnahmen, die den Bonus in der Regel nicht in Frage stellen, näher konkre­ti­siert („Posi­tiv­liste“). Damit kann zum Beispiel der Umbau eines Hart­platzes zu einem Kunst­stoff­ra­sen­platz statt­finden, ohne dass deut­lich redu­zierte Lärm­schutz­grenzen geltend werden. Recht­lich verun­si­cherte Kommunen hatten in der Vergan­gen­heit immer wieder die Nutzung von Fußball­plätzen nur deswegen einge­schränkt und sogar unter­sagt, weil ein neuer Ober­flä­chen­belag aufge­tragen wurde. Ein unrühm­li­ches Beispiel hierfür lieferte etwa die Geschichte des FC Teutonia Hamburg, die es sogar in einige Sati­re­sen­dungen schaffte. Ein Behör­den­streit hatte dazu geführt, dass den Hamburger Fußbal­lern das Betreten ihres neuen Kunst­ra­sens nahezu komplett verboten wurde. Bei bestehenden Anlagen, die vom Altanla­gen­bonus profi­tieren, ergeben sich darüber hinaus deut­lich gerin­gere Abstände (als bei Neubauten), die anhand der konkreten Umstände des Einzel­falls ermit­telt werden müssen. Bei einer typi­sie­renden Betrach­tung kommen Abstände zwischen Spiel­feld­rand und Wohn­be­bauung von ca. 30 Metern in Betracht. Die städ­te­bau­lich erstrebte Verdich­tung von Innen­städten wird hier­durch begüns­tigt, zugleich werden die Nutzungs­mög­lich­keiten der Sport­an­lagen gewahrt.  

Urbane Gebiete

Die neue SALVO regelt darüber hinaus die Immis­si­ons­richt­werte für urbane Gebiete. Durch Artikel 2 Nummer 3 des Gesetz­ent­wurfs zur Umset­zung der Richt­linie 2014/52/EU im Städ­te­bau­recht und zur Stär­kung des neuen Zusam­men­le­bens in der Stadt wurde in der Baunut­zungs­ver­ord­nung eine neue Bauge­biets­ka­te­gorie „Urbane Gebiete“ einge­führt. Für diese Gebiets­ka­te­gorie enthält die Sport­an­la­gen­lärm­schutz­ver­ord­nung bisher keine Immis­si­ons­richt­werte; dies wurde entsprecht ange­passt.

Reinhard Grindel
Reinhard Grindel

Präsi­dent des Deut­schen Fußball­bundes

„Für viele Fußball­ver­eine, die Kunst­ra­sen­plätze gebaut haben, bedeutet die Reform mehr Trai­nings­zeiten und einen erwei­terten Spiel­be­trieb am Wochen­ende. Die unmög­liche Situa­tion, dass in großen Städten Vereine Aufnah­me­stopps für Kinder und Jugend­liche erlassen mussten, kann damit zumin­dest teil­weise über­wunden werden. Dass Kinder­lärm bei Kinder­ta­ges­stätten weit­ge­hend erlaubt, auf Fußball­plätzen jedoch weiterhin einge­schränkt werden soll, ist gleich­wohl unver­ständ­lich – hier erwartet der orga­ni­sierte Sport, dass dieses Büro­kra­tie­hemmnis bei den nächsten Koali­ti­ons­ver­hand­lungen endgültig besei­tigt wird.“

Die SALVO zum DOWNLOAD.

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner