Das Stadium 974 in Doha
Der Container als Ikone
Vermutlich das innovativste der acht Stadien, die für die FIFA Fußball-Weltmeisterschaft Katar 2022™ neu gebaut wurden.
Das Stadium 974 wird nach der Fußball-WM nicht umgebaut, sondern abgebaut. Das ist neu.
Das Stadium 974 ist vermutlich das innovativste der acht Stadien, die für die FIFA Fußball-Weltmeisterschaft Katar 2022™ neu gebaut wurden.
Beim Entwurf eines WM-Stadions treibt viele Architekten der Wunsch an, etwas Einmaliges, eine Ikone zu erschaffen – das jedenfalls lässt die Geschichte vermuten. Auch das Planungsteam mit Fenwick Iribarren Architects, Schlaich Bergermann & Partner und Hilson Moran hatte dieses Ziel, allerdings mit einem ganz anderen Ansatz und Ergebnis.
Das Stadion wird nach dem Turnier vollständig wieder abgebaut und an andere Standorte verfrachtet. Die Verwendung von Schiffscontainern ermöglicht es, sämtliche Einrichtungen wie Gastronomie, Gebetsräume und Toiletten abzubauen und zu verschiffen.
Das Stadium 974 will das Gegenteil eines weißen Elefanten sein, nämlich komplett demontabel und transportabel.
Schon viel zu oft wurden riesige Stadien für ein einziges Großereignis wie eine Fußball-WM oder die Olympischen Spiele gebaut, ohne „danach“ eine wirtschaftliche oder sozial nachhaltige Nachnutzung zu bieten. Sie wurden dem Verfall überlassen, weil niemand die enormen Betriebskosten tragen konnte oder wollte. Diese teuren und ungenutzten „weißen Elefanten” finden sich zum Beispiel in Griechenland, Südafrika, Brasilien und Russland.
Das Stadium 974 will das Gegenteil eines weißen Elefanten sein, nämlich komplett demontabel und transportabel. Aus diesem Grund suchten die Architekten und Ingenieure nach einer rationellen und kostengünstigen Bauweise mit möglichst wenigen Teilen.
Das Stadium 974 liegt direkt am Meer. Das bietet die Möglichkeit, die Container mit dem Stadion zu be- und entladen.
Die Wirtschaftlichkeit eines Stadions setzt die Rationalisierung der baulichen und technischen Systeme voraus. Ein wiederholbares, modulares System ist eine wesentliche Bedingung für ein kostengünstiges Projekt, weil es sowohl eine einfache Konstruktion als auch einen einfachen und effektiven Rückbau ermöglicht.
Der Grundgedanke bei der Planung des Stadium 974 war daher die Verwendung von standardisierten Schiffscontainern.
Insgesamt wurde das gesamte Stadion mit nur zehn verschiedenen Modulen gebaut.
Fenwick Iribarren Architects erklären ihr Konzept mit zwei weltbekannten Baukastensystemen für Kinder, aus denen sie die beiden modularen Systemen das Stadium 974 abgeleitet haben. Das System Meccano bildet das Tragwerk aus Stützen und Balken, aus dem System Lego wurden die modularen Volumina für die Raumprogramme (also im Wesentlichen die Container) geschaffen.
Das Stadium 974 ist vollständig modular aufgebaut. Die Stützen und Balken wurden so konzipiert, dass sie miteinander verschraubt werden konnten. Das erleichtert die Montage.
Das Stadium 974 könnte zu einem Meilenstein der Sportarchitektur für Großveranstaltungen werden. Wenn wir es denn wiedersehen.
Das gesamte Stadion wird nach der Weltmeisterschaft abgebaut, in Containern gelagert und bei Bedarf auf ein Frachtschiff verladen und zu Zielen mit künftigem Sportinfrastrukturbedarf transportiert. Von der Demontage bis zum vollständigen Wiederaufbau des Stadions an einem neuen Standort würde es etwa drei Jahre dauern. Das Stadium 974 könnte also auch für die WM 2026 genutzt werden.
Projektdaten
Eröffnung
2022
Fotograf
© Fenwick Iribarren Architects
Autor
Johannes Bühlbecker
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