Playscape in Peking

Vom Spielen auf der Straße

waa haben einen Raum geschaffen, der Kinder ausdrücklich ermutigt, eigene Entscheidungen zu treffen.

Wir denken nicht an unser Gleichgewicht, bis wir es verlieren.

Play­scape ist das Ergebnis der Umge­stal­tung eines bestehenden Indus­trie­kom­plexes zu einem riesigen Aben­teu­er­spiel­platz. Der Lager­kom­plex im Norden Pekings stammt aus den 1970er Jahren und wurde vormals für die Getrei­de­la­ge­rung genutzt – inklu­sive einer Trans­port­an­lage.

Auftrag­geber des Umbaus war ein Gesund­heits­dienst­leister, der sich auf die Beob­ach­tung und Unter­stüt­zung kind­li­cher Entwick­lung spezia­li­siert hat. 

Das Spielen auf der Straße soll die Alternative zum Daddeln auf elektronischen Geräten werden.

Die Planer von waa|we archi­tect anony­mous (Peking) glauben, dass vielen modernen (chine­si­schen) Groß­städten funk­tio­nie­rende Nach­bar­schaften fehlen, und die sind für die kind­liche Entwick­lung extrem wichtig.

Das Spielen auf der Straße soll daher die Alter­na­tive zum Daddeln auf elek­tro­ni­schen Geräten werden. Für dieses hehre Vorhaben suchte waa Inspi­ra­tion in der Popu­lär­kultur der Vergan­gen­heit. Heraus gekommen ist eine Spiel­land­schaft, die verschie­dene Vorbilder adap­tiert.

Da ist zum einen „Hide and Seek“, das klas­si­sche Verste­cken spielen. Das regt die kind­liche Fantasie an und fördert die Inter­ak­tion mit anderen Kindern und das Verhalten inner­halb einer Gruppe.

Der Aben­teu­er­spiel­platz mit seinen gestalt­prä­genden Huckeln und Hügeln verlangt den Kindern einiges ab. Wir denken nicht an unser Gleich­ge­wicht, bis wir es verlieren. Kinder lernen hier zu entscheiden, welches Maß an Risiko sie eingehen wollen.

„Nook and Cranny“ lehrt die Körper­pro­por­tionen. Die Räume und Röhren sind so gestaltet, dass die Kinder Ecken und Winkel erkunden und die Ergo­nomie verstehen können – auch die ihrer eigenen Körper.

Im Laby­rinth können Orte entdeckt werden, die von außen nicht sichtbar sind. Die Kinder lernen hier auch, dass der effi­zi­en­teste oder direk­teste Weg nicht immer der ange­nehmste ist. „Fantasy“ schließ­lich löst ein wenig die räum­li­chen Grenzen auf und schafft neue Ein- und Ausblicke in kind­liche Fanta­sie­welten.

Es sind vor allem drei gestalterische und architektonische Eingriffe, die Playscape einzigartig machen: die Röhren, das Dach und die Hügel.

Die Röhren bieten den Kindern immer wieder neue Möglich­keiten, ihre Körper­wahr­neh­mung zu entwi­ckeln Sie sind als eine Reihe von Verbin­dungs­ele­menten in fünf verschie­denen Durch­mes­sern ange­ordnet: 2,3m (Gehwege), 1,7m (Treppen), 1,3m (Sicher­heits­ge­länder), 0,8m (Rutschen) und 0,4m (Außen­be­leuch­tung).

Das Dach bietet die Möglich­keit, das Gelände und seine Möglich­keiten zu über­bli­cken. Den Kindern wird nahe­ge­legt, unor­tho­doxe Wege einzu­schlagen. Sie können Loopings machen, die Terrasse runter­rut­schen oder unter dem Hügel hindurch­gehen. Manchmal macht der weiteste Weg eben am meisten Spaß.

Die Hügel fördern die Entwick­lung der Sinne, vor allem des Gleich­ge­wichts­sinns und der Balance. Die verschie­denen Stei­gungen stellen verschie­dene Ansprüche an Auf- und Abstieg, aber auch an den Mut der Kinder.

Ein zusätz­li­cher über­dachter Spiel­be­reich wurde durch die Nutzung von Flächen unter der Topo­gra­phie geschaffen. Der Zugang dazu ist über mehrere Einschnitte oder Rutschen von der Terras­sen­e­bene aus möglich.

waa

Eine umlaufende Dachterrasse erleichtert die Beobachtung der Kinder und bietet elternspezifische Annehmlichkeiten wie eine Terrassenbar.

Play­space wird durch ein Cluster bestehender Lager­hallen gebildet, die einen Innenhof umschließen. Eine Straße trennt das südliche Gebäude vom Ensemble, eine Luft­brücke stellt die Verbin­dung durch mitein­ander verbun­dene Dach­ter­rassen wieder her.

Das bestehende Cluster sieht drei interne Spiel­räume vor. Play­scape 1 ist einge­schossig und mit sechs Metern Höhe vergleichs­weise niedrig. Er wird für zwei- bis vier­jäh­rige Kinder als Krab­bel­raum mit von der Decke hängenden Stoffen genutzt.

Play­space 2 ist vertikal in drei Ebenen unter­teilt. Kinder ab vier Jahren finden hier eine unter­ir­di­sche und inter­ak­tive Umge­bung mit Klet­ter­to­po­gra­phie und Zugnetzen. Alles ist durch Rutschen mitein­ander verbunden. Auf den Ebenen 2 und 3 bieten insge­samt sechs Multi­funk­tions-Klas­sen­zimmer die Möglich­keit zu gerich­tetem Lernen (Play­space 3). Eine Rutsche verbindet ein Klas­sen­zimmer über den Höhen­un­ter­schied von sieben Metern mit der Ebene 1.

Alle Gebäude verfügen über eine umlau­fende Dach­ter­rasse, die Eltern die Beob­ach­tung der Kinder erleich­tert. Dabei haben sie gleich­zeitig Zugang zu eltern­spe­zi­fi­schen Annehm­lich­keiten wie einer Terras­senbar.

Die Architekten legen wert darauf, Maßstäbe zu verzerren und Bewegungsabläufe zu manipulieren.

Der Fokus der Archi­tekten lag darauf, die fehlenden Elemente des inner­städ­ti­schen Wohnens anzu­spre­chen, Maßstäbe zu verzerren und Bewe­gungs­ab­läufe zu mani­pu­lieren.

„Im Spiel sieht man das Ergebnis nicht voraus. Spiel erlaubt den Kindern, ihr Urteil auszu­setzen. Oft schafft die Lösung eines Problems gleich­zeitig Möglich­keiten für eine Reihe von anderen Problemen… ” Das sagt Richard Serra über das Spielen.

Kinder sind in Entschei­dungs­si­tua­tionen oft passiv. Das Spiel ist eigent­lich der einzige Zeit­raum, den sie unter eigener Kontrolle haben. Das sagen waa|we archi­tech anony­mous. Und haben mit Play­scape einen Raum geschaffen, der Kinder ausdrück­lich ermu­tigt, eigene Wege zu gehen und eigene Entschei­dungen zu treffen.

Das waren wir.

Projektdaten

Alle, die an diesem Projekt betei­ligt waren.

Architekt

waa | we archi­tech anony­mous
Bldg 81#-1F
4 Gongti Beilu
Chaoyang Dist,
Beijing China 100027

Bauherr

Beijing NuanQin

Team

Di Zhang, Jack Young, Minghui Huo, Yuqing Feng, Min Wang, Jing Zhu, Mengbo Cao,  Hualin Yang, Weiya Li, Qiwen Cao, Heff Jin, Jinbin Zhang, Lida Tang

Standort

Langyuan Station
Dongba, Chaoyang District
Beijing, China

Eröffnung

2021

Fotograf

Tian Fang­Fang

Autor

Johannes Bühl­be­cker
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