Rust never sleeps

Der Chemin des Carrières im Elsass

Reiulf Ramstad Architekter

About

Verlas­sene Bahn­stre­cken zu Parks oder anderen Frei­zeit­an­ge­boten umzu­funk­tio­nieren, ist ja vor allem in urbanen Kontexten sehr beliebt. Beim Chemin des Carri­ères ist das ein wenig anders: Der 11 km langer Wanderweg mit fünf Stationen entlang still­ge­legter Gleise liegt nicht in der Stadt, sondern inmitten der prallen Land­schaft des Elsass.

Geplant haben das Reiulf Ramstad Archi­tekter, verwendet haben sie vor allem rostigen Stahl.

Die Steinbruchroute

Der Chemin des Carri­ères genannte Wanderweg – die Stein­bruchroute – verbindet seit dem Sommer 2019 die beiden Ortschaften Saint Nabor und Rosheim. Früher verband die Eisen­bahn beide Orte. Entlang der Strecke liegen vier Stein­brüche, in denen bis zum Jahr 2002 Schotter für den Stra­ßenbau gewonnen wurde.

An fünf Stationen bietet der Weg viel Gele­gen­heit zum Anhalten, um den beein­dru­ckend weiten Blick in die Land­schaft zu genießen und in der Vergan­gen­heit des Geländes zu schweifen.

Die meisten Instal­la­tionen sind aus Corten­stahl. Dieser Stahl über­zieht sich mit einem „natür­li­chen“ Rost und rostet dann nicht mehr weiter. Trotzdem sieht er uralt aus.

Die Umwandlung

Die Eisen­bahn­linie wurde zu Beginn dieses Jahr­hun­derts aufge­geben, als die mehr als 300 Jahre lang betrie­benen Stein­brüche von St. Nabor geschlossen wurden.

Reiulf Ramstad Arki­tekter und die Land­schafts­ar­chi­tekten Paren­theses gewannen im Jahr 2016 den Wett­be­werb zur Umwand­lung der alten Eisen­bahn­li­nien zwischen Rosheim und St-Nabor in einen Fuß- und Radweg für Touristen.

Ihr Entwurf will an die Vergan­gen­heit dieser Orte zu erin­nern und etwas für die Zukunft schaffen. Die alte Zugstrecke, die sich durch die Vogesen schlän­gelt, bietet nun eine Entde­ckungs­tour durch verges­sene Land­schaften – und neue Blick­winkel auf unsere Alltags­land­schaften.

Die fünf Kapitel

Der Chemin des Carri­ères ist bestens sowohl für Wanderer als auch für Radfahrer geeignet. Auch die frühere Strecke wurde sozu­sagen multi­funk­tional genutzt, nämlich für den Güter- und für den Perso­nen­ver­kehr.

Der 11 km lange Weg erzählt in fünf Kapi­teln eine Geschichte in verschie­denen land­schaft­li­chen Kulissen, die unser Verständnis für und die Freude an der Land­schaft selbst stetig verbes­sern: Rosheim, Boersch, Leonardsau, Ottrott und St. Nabor.

Rosheim

Der Chemin des Carri­ères beginnt in Rosheim, mit einem Pavillon aus Corten-Stahl. der besteht aus unre­gel­mä­ßigen konkaven und konvexen Formen, die eine Art Laby­rinth schaffen und an die bewegte Geschichte des Ortes erin­nern.

In diesem Bereich wurden die Bahn­gleise erhalten und um maßge­schnei­derte Bänke erwei­tert. An einigen Stellen hat das Laby­rinth Öffnungen, die die Land­schaft einrahmen. Hier können die Besu­cher die Aussicht und die Kontem­pla­tion genießen.

Boersch, Leonardsau und Ottrott

Die nächste Station ist Boersch. Hier geht es um Wasser, betont durch ein Amphi­theater an einer Fluss­ver­brei­te­rung, die den Zugang zum Wasser verein­facht.

In Leonardsau tritt man aus dem langen, grünen Korridor heraus. Zwei Bleche aus Corten­stahl rahmen den Ausgang und verstärken die Öffnung in die Land­schaft. Das Ganze symbo­li­siert ein Tor – die Portes de Bonheur – und erschließt einen Aussichts­punkt auf dem Mont St. Odile.

Darauf folgt Ottrott, das sich mit der noch vorhan­denen Archi­tektur des alten Bahn­hofs beschäf­tigt. Hier durch­queren die Beton­wege das Gebiet, um die Häuser mit dem histo­ri­schen Erbe zu verbinden.

Das Rosheimer Tal

Der Weg endet in St. Nabor bei einem der Stein­brüche, die langsam von der Natur zurück­er­obert werden. Hier geht es um Glück und um Erho­lung, da diese Stein­brüche Symbole für die Vege­ta­tion sein sollen, die das Land nach seiner Zeit als Indus­trie­standort wieder in Besitz nimmt.

Wer hier die Treppe zu einer der höchsten Platt­formen hinauf­steigt, wird mit dem spek­ta­ku­lärsten Teil der Arbeit belohnt: einem Aussichts­punkt mit viel Corten­stahl mit Blick auf das Rosheimer Tal und die elsäs­si­sche Ebene.

Die Belohnung

Die Gestal­tung dieser Platt­form wurde von einem vier­blätt­rigen Klee­blatt inspi­riert, und die Besu­cher haben das Glück, die sich direkt vor ihnen öffnende Aussicht genießen zu können. Eine ange­mes­sene Beloh­nung für dieje­nigen, die entlang des Chemin des Carri­ères gewan­dert oder gera­delt sind.

Eine weitere ist der Genuss der berühmten Lebens­mittel- und Wein­spe­zia­li­täten der Region. Das hier lohnt sich also gleich mehr­fach.

Wir waren das.

Projekt­be­tei­ligte und Daten

Architekten

Reiulf Ramstad Archi­tekter
Sivil­ar­ki­tekter MNAL. ARK + LARK
Jose­fi­nesgt. 7
NOR — 0351 Oslo

Photos

Florent Michel 11h45
96 Avenue de la Répu­blique
F — 75011 Paris

Adresse

Rue du Neuland
F — 67560 Rosheim

 

Text

Johannes Bühl­be­cker
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