Alles kann
Streetmekka ist ein neues kulturelles Angebot für eine Vielzahl von selbst organisierten Sportarten wie Parkour, Skate, Bouldern, Basketball oder Trial. Das Projekt in der dänischen Stadt Viborg (40.000 Einwohner) bietet darüber hinaus eine Reihe von maßgeschneiderten Werkstattbereichen für Musikproduktion, DJ’ing, ein Animationsstudio, ein Fertigungslabor, Studios für Künstler sowie Holz- und Metallwerkstätten.
Sozialräume und informelle Begegnungsbereiche sind über das gesamte Gebäude verteilt und strategisch zwischen den Hauptfunktionen verwoben. Die Planer von Effekt gehen davon aus, dass die Nähe zu den vielfältigen Aktivitäten die Hemmschwelle für eine Teilnahme senkt.
Das Raster von Kathedralen
In dem ursprünglichen Gebäude wurden früher Windkraftanlagen produziert. Die Halle ist ein typisches Beispiel für Lager- oder Fabrikgebäude aus den späten 1960er und 70er Jahren, die in fast allen vorstädtischen Industriegebieten der westlichen Welt zu finden sind oder waren. Meist gebaut mit vorgefertigten Betonplatten oder Wellblech werden diese industriellen Zeitzeugen meist als wenig historisch, kulturell oder architektonisch wertvoll wahrgenommen.
EFFEKT, ein in Projekten für Sport und Freizeit erfahrenes Büro aus Kopenhagen, entschied sich für einen anderen Weg: Anstatt die alte Halle abzureißen, blieben Tragwerk und Teile der Gebäudehülle erhalten und wurden mit neuen Funktionen wieder aufgefüllt. Eine Entscheidung, die sich auch sehr positiv auf das Projektbudget auswirken sollte.
So uninteressant und grau das Äußere dieser Kisten auch erscheinen mag: Oft bieten sie einen beeindruckenden Innenraum von prächtiger Größe. Man findet an Kathedralen erinnernde Proportionen, die auf einem übersichtlichen Raster beruhen. Für EFFEKT war dieser riesige Raum der einzig wahre Wert des Gebäudes — und den wollten die Architekten nach außen hin sichtbar machen.
Neue Struktur, neue Identität
Zunächst wurden die Wände an den beiden Enden des Gebäudes entfernt. Die Verwaltung und die Werkstatträume wurden auf einer Längsseite untergebracht, der Skatebereich unter Beibehaltung der vorhandenen Raumstrukturen auf der anderen.
Neu ist neben der inneren Organisation auch die Gebäudehülle. Die beiden Glasfassaden lassen deutlich mehr Tageslicht einfallen und verbessern die Anbindung an die Außenräume und die Outdoor-Aktivitäten.
Brachliegende Industriestandorte wie diesen gibt es viele. Streetmekka kann ein gelungenes Beispiel für die Revitalisierung vieler anderer, zum Abriss stehender Gebäude werden. Gerade bei der Entwicklung neuer Stadtteile kann die Umwidmung solcher industrieller Erben sehr helfen, Identität aufzubauen.
Eine popkulturelle Mischung
Funktionales Ziel des neuen Streetmekka ist es, Räume und Flächen für sportliche, kulturelle und soziale Zwecke in einem komplexen Netzwerk zu schaffen. Ein weiteres Ziel ist es, der steigenden Nachfrage nach selbstorganisiertem und individualisiertem Alternativen zum etablierten Vereinssport — und nach kulturellen Aktivitäten — gerecht zu werden. Die Mission des Betreibers GAME ist es, lokale Jugendliche anzuziehen und mit ihnen einen nachhaltigen sozialen Wandel zu schaffen. Die Mischung aus individuellen Sportarten und kulturellen Angeboten wird sehr helfen, sie zu integrieren und in ihrem zukünftigen Leben zu stärken.
Ziel der Architekten war es, ein offenes und einladendes Gebäude zu schaffen, das ein breites demografisches Publikum aus den unterschiedlichsten kulturellen Hintergründen, Geschlechtern, Altersgruppen und Interessen anspricht. Die Hemmschwelle zur aktiven Teilnahme sollte so niedrig wie möglich sein. Dies wurde durch ein transparentes Gebäude mit klarer Organisation erreicht. Streetmekka ist eine antielitäre, popkulturelle Mischung aus einer Sportstätte und einem Kulturhaus. Das Gebäude ist robust genug, 24 Stunden am Tag ohne Aufsicht für die Öffentlichkeit offen zu bleiben. Die Nutzer tragen die Verantwortung tragen und ergreifen die Initiative.
Synergie durch Überraschung
Das neue Streetmekka ist offen für alle und geeignet für alle. Es spielt keine Rolle, ob du teilnehmen, erschaffen, rumhängen oder beobachten willst — es gibt Raum für alles und für jeden. Die Koexistenz so vieler möglicher Aktivitäten unter einem Dach schafft jede Menge Synergien und neue soziale Beziehungen. Die Besucher werden neuen Arten von Aktivitäten geradezu ausgesetzt, von denen sie vielleicht gar nicht wussten, dass es sie gibt. Auch das fördert das zukünftige Engagement.
Die Labore und Werkstattbereiche ermöglichen es den Nutzern, die Anlage kontinuierlich weiterzuentwickeln und bei Bedarf neu zu konfigurieren. Streetmekka Viborg ist nicht statisch, weder programmatisch noch physisch. Es wird sich mit den Nutzern weiterentwickeln — sowohl kurzfristig (aufgrund der animierten Fassaden und der Straßenkunst) als auch langfristig (wenn neue Programme hinzugefügt und alte entfernt werden).
Straßenlandschaft
Das architektonische Konzept basiert auf der Idee einer Indoor-Straßenlandschaft. Streetmekka öffnet das introvertierte Industriegebäude und verwandelt den beeindruckenden Fabrikraum in eine nach außen offene, überdachte Straßenlandschaft. Mit dem Streetscape-Konzept (dabei geht es um die sichtbaren Elemente im Straßenbild) werden die verschiedenen Funktionen definiert, organisiert und in Bezug zu spezifischen Anforderungen wie Tageslicht, Materialität und Temperatur gesetzt.
Das neue Volumen wurde mit einer lichtdurchlässigen Polycarbonathaut ummantelt. So entstand ein helles und einladendes Gebäude mit einer Fassade, die bei Bedarf als riesige Leinwand für die lokalen bildenden Künstler dient. Streetmekka unterscheidet sich damit deutlich von den umliegenden Industrieanlagen und kann und soll als Katalysator für das Stadtleben in der entstehenden Region wirken.
Die umgebende Landschaft mit Straßensportarten und kulturellen Angeboten wird zur natürlichen Erweiterung des Innenraums. Das alles befindet sich in einer erholsamen Grünanlage, die das Gelände über einen zukünftigen Fuß- und Radweg mit der Innenstadt verbindet.
Ein Drittel
Die Erhaltung der ursprünglichen Struktur und die Wiederverwendung und ‑verwertung von Materialien waren die Voraussetzung, um die Sanierung mit sehr geringem finanziellen Aufwand durchzuführen. Viele der ursprünglichen Einbauten wurden als Möbelelemente für die Parkour-Aktivitäten und Hangouts verwendet.
Die Endkosten des Gebäudes betragen etwa ein Drittel einer traditionellen Sporthalle. Ein Grund mehr…
PROJEKTDATEN
Bauherr
Viborg Kommune und GAME
mit finanzieller Unterstützung von
Realdania, Lokale- & Anlægsfonden, TrygFonden and NordeaFonden
Team
Luke Jouppi, Lars Pedersen, Jonathan Linde, Copenhagen Bouldering, Nørlum
BOGL landscape
Rambøll
Thomas Andersen A/S
Eröffnung
2018