Flora in urbanen Dosen
Seoullo 7017
Die Situation vor Seoullo 7017
Einer Metropolitanregion wie Seoul mit rund 25 Mio. Einwohnern ist eigentlich nichts fremd. Die extreme Dichte in der Hauptstadt Südkoreas verlangt seinen Bewohnern alles ab, auch auf den gut und gerne 12-spurigen Straßen im Zentrum. Damit diese ihre Aufgaben erfüllen können, gibt es für die Hauptschlagadern kaum Kreuzungen auf einer Ebene, Unter- und Überführungen, Tunnel und Einbahntrassen wechseln sich ab.
Eines dieser Brückenbauwerke stammt aus den Siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts und quert die Bahntrasse knapp nördlich der Seoul Station. Die auf rund 17 m Höhe schwebende Betonpiste mit mehreren Ab- und Auffahrten sowie vier Fahrspuren wies in einer Untersuchung von 2006 gravierende Mängel auf. Das Brückenbauwerk mit einer Länge von knapp einem Kilometer und mit einer Gesamtfläche von 10.000 m² sollte abgerissen werden. 2009 wurde sie zunächst einmal für den Schwerlastverkehr gesperrt.
Architekt
Achterklooster 7
NL — 3011 RA Rotterdam
Bauherr
FOTOS
Der Wettbewerb
Doch gerade mit Blick auf den Erfolg vergleichbarer Projekte wie der High Line in New York und erste Kalkulationen zum Abriss war es nicht verwunderlich, dass die Stadt einen Wettbewerb auslobte, in dem Vorschläge für eine alternative Nutzung des Brückenbauwerks gesucht wurden.
Grundbedingung: autofrei und ausschließlich für Fußgänger. Gewonnen haben den Wettbewerb im Jahr 2015 die Niederländer MVRDV mit ihrem „Seoul Skygarden“, dem Geburtsnamen von Seoullo 7017. Dieser sollte, so das Büro, eine Art Bibliothek lokaler Baumarten werden, ein koreanisches Arboretum. Das Baumverzeichnis mit realem Bestand wollten sie alphabetisch ordnen.
Hinzu kommen so genannte „Aktivatoren“, die je nach Entwicklung des Ortes hinzugefügt oder auch wieder entnommen werden können: Teecafés, Blumenläden, kleine Marktstände, Bücherdepots und Pflanzenhäuser, die einer Megastadt wie Seoul die Idee von Natur einimpfen könnten.
Nach einigen Jahren könnten die auf dem ehemaligen Brückenbauwerk gepflanzten Bäume in die anliegenden Bezirke ausgepflanzt werden. Damit würde der Himmelsgarten eine „urban nursery”. Und die soll über die Jahre durch weitere Treppen, Lifte und Fahrtreppen mit ihrem Umfeld vernetzt werden. Diese wiederum sollen als grüne Arme in die weitere Umgebung „wurzeln“ und das Grün vom Zentrum aus in die Stadt hineintragen.
Eröffnung
Autor
Benedikt Kraft (DBZ)
Sein Beitrag über den Wettbewerb wurde erstmals in der DBZ ppubliziert.
MVRDV
Fotos
PLÄNE
Die Umsetzung
Aus dem Wettbewerbssieger „Seoul Skygarden“ wurde mit der Eröffnung im Frühjahr 2017 „Seoullo 7017“, ein aufgeständerter Park auf einer ehemaligen innerstädtischen Autobahn im Herzen von Seoul. Seoullo, der koreanische Name für Skygarden bedeutet so viel wie „in Richtung Seoul” und „Seoul Street”, während 7017 das Baujahr der Hochbahn (1970) und ihre neue Funktion als öffentlicher Raum im Jahr 2017 bezeichnet.
Die Hauptaufgabe von MVRDV bestand darin, die Hochbahn in einen öffentlichen Garten zu transformieren und eine Matrix aus koreanischer Flora auf die 16 m hohe Stahl- und Betonkonstruktion zu legen. Wie verwandelt man eine Autobahn aus den 1970er Jahren in Seoullo 7017 und wie verändert man den Alltag von Tausenden von Menschen, die täglich durch die Innenstadt von Seoul fahren? MVRDV hat die vergessene Infrastruktur in ein grünes Symbol verwandelt, das ein Katalysator für ein grünes Viertel für Seoul werden soll.
Seoullo 7017 ist nun ein 983 Meter langer Park und beherbergt eine riesige Vielfalt koreanischer Pflanzenarten: 50 Pflanzenfamilien mit 228 Arten und Unterarten, darunter Bäume, Sträucher und Blumen, in 645 Pflanzgefäßen ausgestellt. Insgesamt wird der Park 24.000 Pflanzen fassen, von denen viele erst im nächsten Jahrzehnt ihre endgültige Höhe erreichen werden. Außerdem entstanden zahlreiche Treppen und Brückenbauten, die nicht nur der Erschließung dienen, sondern auch als Café, Sonnendeck, Aussichtspunkt, Ausstellungsraum oder Blumenladen genutzt werden.
Gemeinsam mit der Gemeinde engagieren sich Planer, gemeinnützige Organisationen und Verwaltung dafür, die größtmögliche Vielfalt der Flora in urbanen Dosen zu organisieren. Neue Brücken und Treppen verbinden Seoullo 7017 mit Hotels, Geschäften und Gärten. Der Fußgängerviadukt neben dem Hauptbahnhof von Seoul ist der nächste Schritt, um die Stadt und vor allem die Bahnhofsgegend grüner, freundlicher und attraktiver zu machen – und die Grünflächen im Umkreis miteinander zu verbinden.
VIDEOS
Zu BESUCH BEI
MVRDV was founded in 1993 by Winy Maas, Jacob van Rijs and Nathalie de Vries in Rotterdam, the Netherlands. The practice engages globally in providing solutions to contemporary architectural and urban issues. A highly collaborative, research-based design method involves clients, stakeholders and experts from a wide range of fields from early on in the creative process. The results are exemplary, outspoken projects, which enable our cities and landscapes to develop towards a better future.
The products of MVRDV’s unique approach to design vary, ranging from buildings of all types and sizes, to urban plans and visions, numerous publications, installations and exhibitions.
DAS SEOULLO 7017 TEAM
Competition
Winy Maas, Jacob van Rijs and Nathalie de Vries with Wenchian Shi, Kyosuk Lee, Kai Wang, Ángel Sánchez Navarro, Jaewoo Lee, Antonio Luca Coco, Matteo Artico and Jaime Domínguez Balgoma
Landscape Architect: Ben Kuipers, Delft, Netherlands
Local Architect: DMP, Seoul, Korea
Structure: Saman Engineering, Seoul, Korea
Local Landscape Designer: KECC, Seoul, Korea
Sustainability: EAN, Seoul, Korea
Architectural Structure: Cross, Seoul, Korea
Industrial Designers: Studio Makkink & Bey, Amsterdam, Netherlands
MEP: Samsin, Seoul, Korea
Traffic Engineers: Song Hyun R&D, Seoul, Korea
Lighting Design: Viabizzuno, Milan, Italy and Nanam Ald, Seoul Korea
App Design: nhtv, Breda, Netherlands
Cost Engineers: Myong Gun, Seoul, Korea
Design Devlopment
Winy Maas, Jacob van Rijs and Nathalie de Vries with Wenchian Shi, Kyosuk Lee, Mafalda Rangel, Daehee Suk, Daan Zandbergen, Kai Wang, Sen Yang and Dong Min Lee
Landscape Design: Ben Kuipers landscape architect, MVRDV
Local Architect: DMP, Seoul, Korea
Structure: Saman Engineering, Seoul, Korea
Local Landscape Designer: KECC, Seoul, Korea
Lighting Design : Rogier van der Heide, MVRDV and Nanam Ald, Seoul Korea
Construction
Winy Maas, Jacob van Rijs and Nathalie de Vries with Wenchian Shi, Kyosuk Lee, Mafalda Rangel and Dong Min Lee
Landscape Design: Ben Kuipers Landscape architect