Es geht los
Im September 2018 war Grundsteinlegung für den von MAD Architects entworfenen Sportpark Quzhou, eine riesige Anlage voller organischer, landschaftsbezogener Architektur für Sport und Freizeit. Quzhou liegt im Westen der chinesischen Provinz Zhejiang.
Die beiden ersten Bauabschnitte mit einer Gesamtfläche von rund 340.000 m² umfassen ein Stadion für 30.000 Zuschauer, eine große Sporthalle mit 10.000 Plätzen, ein Schwimmhalle (2.000 Plätze), einen nationalen Sportkomplex, Freisportanlagen, ein Wissenschafts- und Technikmuseum, Hotelunterkünfte, ein Jugendzentrum und Einzelhandelsflächen.
Poesie und Shanshui
Der Entwurf von MAD bettet sämtliche Funktionen in natürliche, vorhandene Formen und schafft eine poetische Landschaft im Zentrum der Stadt – irgendwo zwischen Erde und Mars.
Die Architekten träumen nicht nur davon, einen urbanen Raum voller Sport und Ökologie zu schaffen, sondern auch eine kunstvolle Landschaft entstehen zu lassen, die eine Beziehung zwischen der Geschichte der Stadt und dem traditionellen Shanshui (das ist eine Art der Landschaftsmalerei) herstellt.
Quzhou
Quzhou ist eine Stadt mit einer jahrtausendealten Geschichte, mit Kultur und philosophischer Identität – und mit einer wunderschönen Landschaft, deren üppiger Wald mehr als 70% des Gebiets bedeckt. Quzhou hat 422.000 Einwohner, im Umfeld leben 2,16 Millionen Menschen auf einer Fläche 8.836 km²,
Die kulturelle Geschichte und die beeindruckende Natur sind der Ausgangspunkt des Entwurfs. MAD stellen sich eine surreale und ruhige Kunstlandschaft im modernen Quzhou vor. Auftauchend wie eine Fata Morgana, soll der Sportpark Quzhou zu einem Ort spiritueller Gemeinsamkeit für die Zukunft der Stadt zu werden.
Bewegen, Klettern, Versinken
Das Gelände des Sportparks Quzhou wird von einem dichten Wald mit hohen Bäumen umgeben, der das unbewohnte Land von der Stadt trennt. Beim Betreten des Geländes öffnet sich der Blick plötzlich auf weite Horizonte und den hellen Himmel. Gleichzeitig erscheint der Komplex wie eine Marslandschaft, geheimnisvoll und illusorisch.
Die gesamte Umgebung bietet fast endlose Weiten, Hügel und Täler. Besucher und Spaziergänger können den Park auf vielfältige Weise erleben und nutzen. Sie können spazieren, sich treiben lassen, klettern oder das Gelände durchqueren. Mitten im Park befindet sich ein See, der als versunkener Garten konzipiert ist.
Ein Erdstadion
Das Stadion ähnelt einem Krater. Es wird tief ins Gelände eingegraben – ein Erdstadion also. Ein leichtes, schwebendes Dach soll (so die Architekten) das Stadion wie ein “Heiligenschein” krönen, der wie eine helle Wolke sanft über dem Boden schwebt.
Die Nähe zur Erde lassen Stadion und Dach greifbar erscheinen. Die angrenzenden sanften “Hügel” auf der nordöstlichen Seite fassen die große Sporthalle, das Hallenbad und ein Trainingszentrum. In den höher liegenden Bereichen sind öffentliche Räume und natürliche Landschaften vorgesehen, die die Menschen zu Besinnlichkeit und Verweilen anregen sollen: Kontemplation als Gestaltungsprinzip.
So geht Park
Die Architektur und Formensprache im Sportpark Quzhou löst sich deutlich von der traditionellen Sportarchitektur. Werden üblicherweise Struktur und Tragwerk vorgezeigt, sind die Sportbauten hier deutlich intrinsisch und subtil organisiert.
Gleichzeitig sind Innen- wie Außenraum der Anlagen sehr stark mit der Natur verbunden. Zum Teil sind sie gar so stark in die Landschaft „eingebaut“, dass sie von außen kaum wahrnehmbar sind.
Die Wege zwischen den Bergen und am See längs schlängeln sich über und durch die Architektur, niemand wird von den Bauten für Sport und Freizeit erdrückt. Besucher werden ermuntert, den Park nicht nur zu Veranstaltungen zu nutzen.
Der menschliche Maßstab
Die Gipfel und Hänge mehrerer der Hügel sind mit Plattformen oder „Oberlichtern“ ausgestattet, die natürliches Licht eindringen lassen und für eine natürliche Belüftung der Gebäude sorgen.
Die Außenbereiche sind mit Grün bedeckt, das so energiesparend wie zugänglich ist. Sie laden die Besucher und Spaziergänger ein, den Berg zu besteigen, die Wege zu gehen und „eine engere physische und emotionale Verbindung mit Himmel und Erde“ herzustellen.
Der Sportpark Quzhou verlässt das traditionelle Modell der konventionellen Stadtentwicklung durch große, eckige Landmarken. Unter Bezug vor allem auf die vorhandene Landschaft soll ein einzigartiger urbaner Raum entstehen, der dem hier geltenden spirituellen Verständnis von Mensch, Natur und urbaner Kultur entspricht.
Geist und Gemüt
In früheren Zeiten führten die Olympischen Spiele den Slogan “schneller, höher, weiter”. Dies galt weitgehend auch für die rasante Stadtentwicklung im vergangenen Jahrhundert.
Der Sportpark Quzhou geht andere Wege, die Vorbild werden könnten – wenn es gelingt, den Charakter des beeindruckenden Entwurfs auch in der nun begonnenen Realisierung beizubehalten.
Ma Yansong (MAD) hat das so erläutert: „In der Beziehung zwischen Mensch und Natur geht es nicht nur um Ökologie und Nachhaltigkeit, sondern auch um Geist und Gemüt. Das sind die Kultur und die Philosophie, die es in der Geschichte dieses Landes schon lange gibt und die bei der Entwicklung unserer zukünftigen Städte angewendet werden muss.”
PROJEKTDATEN
Architekt
MAD Architects
8F, Tower A, NO. 107
North Dongsi Street, Dongcheng District
CN — Beijing 100007
Partner:
MA Yansong, DANG Qun, Yosuke Hayano
LIU Huiying, Kin Li, FU Changrui
Design Team:
XU Chen, LI Guangchong, Iting Lien, LI Cunhao, LIU Hailun, LI Hui, MA Yin, Kyung Eun Na, Alessandro Fisalli, KANG Wenzhao, Thoufeeq Ahmed, ZHOU Haimeng, Neeraj Mahajan, ZHANG Yufei
Bauherr
Quzhou West District Development Committee
Beteiligte Firmen
Executive Architect:
CCDI Group
Landscape Architect:
PWP Landscape Architecture
Structural Engineer:
Schlaich Bergermann Partner
Dachmembran:
Serge Ferrari Grou
MEP Engineer:
SC Consultants Limited
Façade Consultant:
RFR Asia
Lighting Consultant:
Ning’s Field Lighting Design
Animation Support:
SAN
Autor
Johannes Bühlbecker
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Eröffnung
2021