„Es bringt doch nix, wenn man immer daheim sitzt“

Der Sport der Älteren wird immer wichtiger

96 Jahre, 20 Liegestützen, 20 km Radfahren – jeden Tag

 „Sport bedeutet mir alles“, sagt Eduard Schwä­gerl. Der 96-Jährige war im Dezember Ehren­gast beim Festakt „20 Jahre Sport der Älteren“ des DOSB im Histo­ri­schen Museum in Frank­furt.  Der frühere Bank­an­ge­stellte begann erst mit 50 Jahren mit regel­mä­ßiger Bewe­gung.  Seitdem lässt ihn der Sport der Älteren  aber nicht mehr los. Jedes Jahr absol­viert er das Deut­sche Sport­ab­zei­chen – selbst­ver­ständ­lich in Gold.  Jeden Morgen macht er seine 20 Liege­stützen und fährt 20 Kilo­meter Rad. „Es bringt doch nix, wenn man immer daheim sitzt“, sagt „Gold­junge“ Schwä­gerl und gibt gleich einen wich­tigen Tipp für dieje­nigen, die sich noch nicht körper­lich betä­tigen. „Man muss den Mut haben, einfach anzu­fangen!“

Durch Sport und Bewe­gung kann Pfle­ge­be­dürf­tig­keit verhin­dert und die Selbst­stän­dig­keit im Alter erhalten werden. Regel­mä­ßiger Sport im Alter verbes­sert nicht nur die Chancen auf anhal­tende Gesund­heit, viele Krank­heiten treten bei regel­mä­ßiger Bewe­gung erst gar nicht auf. Nicht nur die körper­liche Leis­tungs­fä­hig­keit wird durch Sport und Bewe­gung gestei­gert, auch die Gehirn- und Gedächt­nis­leis­tung kann verbes­sert und das Risiko demen­zi­eller Erkran­kungen gar deut­lich verrin­gert werden. Selbst bei hoch­alt­rigen Menschen lassen sich sehr gute Trai­nings­ef­fekte erzielen.

Autor

DOSB/Markus Böcker

Fotograf

Andrea Bowinkelmann, LSB NRW

Die Babyboomer wollen bewegt werden

„Aufgrund des demo­gra­phi­schen Wandels wird der Sport der Älteren immer wich­tiger für die Sport­ver­eine in Deutsch­land“, meint Ute Bles­sing-Kapelke, die beim DOSB den Fach­be­reich Sport der Gene­ra­tionen leitet.  Die Verän­de­rung der Alters­struktur in der Bevöl­ke­rung stellt eine enorme gesell­schafts­po­li­ti­sche Aufgabe dar. Die stärker wach­sende Klientel — die Gene­ra­tion der „Baby­boomer“ errei­chen in den nächsten Jahren das Renten­alter — wird mit neuen Erwar­tungen und Bedürf­nissen auf die Sport­ver­eine zukommen.

Ältere sind eine hete­ro­gene Bevöl­ke­rungs­gruppe, die mehrere Gene­ra­tionen umfasst, vom 50-Jährigen Enkel bis zur 100-Jährigen Groß­mutter. Die Ziel­gruppen der „jungen Alten“, der „Älteren“ und der „Hoch­alt­rigen“ haben sehr verschie­dene Bedürf­nisse für Sport und Bewe­gung. Prof. Ursula Lehr, die über viele Jahre den Lehr­stuhl für Geron­to­logie der Univer­sität Heidel­berg leitete, brachte auch die Alten­heime ins Spiel, in denen es viel zu wenig Bewe­gung gebe. „Dort gibt es viele neue Aufgaben für den Sport“, sagte die heute 87-jährige stell­ver­tre­tende Vorsit­zende der BAGSO (Bundes­ar­beits­ge­mein­schaft der Senioren-Orga­ni­sa­tionen) beim Festakt des DOSB.

Es ist nie zu spät, um anzufangen

Der Landes­sport­bund Nord­rhein-West­falen hat das Projekt „Bewe­gende Alten­ein­rich­tung“ ins Leben gerufen. DOSB-Vize­prä­si­dent Walter Schnee­loch muss jedoch fest­stellen, dass „vor allem viele Spit­zen­ver­bände noch nicht ihre Möglich­keiten ausge­schöpft haben, Ange­bote an Ältere zu machen.“  So früh wie möglich Menschen in Bewe­gung bringen sei ein wesent­li­cher Faktor. Auch der betrieb­liche Gesund­heits­sport könne das unter­stützen. „Wer gewohnt ist, im Berufs­leben beglei­tend Sport zu treiben, der über­trägt das auch leichter in die Frei­zeit und in den Ruhe­stand“.

Durch den Sport der Älteren könnten bis ins höchste Alter noch gesund­heit­liche Verbes­se­rung der körper­li­chen wie auch geis­tigen Leis­tungs­fä­hig­keit erreicht werden. Es ist also nie zu spät anzu­fangen, sagt die Übungs­lei­terin Dany Kupzik, die eine viel­fäl­tige Palette von sport­li­chen Ange­boten für Ältere unter­richtet. Sie ist sich sicher, dass jeder Mensch in jedem Alter einen natür­li­chen Bewe­gungs­drang hat. „Es gibt sehr viele Ange­bote für Ältere, man muss nur richtig hinschauen.“  Wichtig sei es für Sport­ver­eine, auch bisher weniger sport­af­fine Ältere z.B. durch die Koope­ra­tion mit Senioren- und Gesund­heits­or­ga­ni­sa­tionen zu errei­chen.

Die Sportangebote im Sport der Älteren müssen zur Lebenssituation passen

Entschei­dend ist laut Dr. Monika Köster von der Bundes­zen­trale für gesund­heit­liche Aufklä­rung (BZgA) die Situa­tion vor Ort. „Die Ziel­gruppe der Älteren und Alten ist ja nicht homogen. Wir müssen darauf schauen, wo sie leben, in der Stadt, auf dem Land oder gar in sozialen Brenn­punkten. Das müssen wir bei den Entwürfen für Ange­bots­struk­turen berück­sich­tigen.“  Die Sport­wis­sen­schaft­lerin, die über viel Erfah­rung im Bereich der bundes­weiten Markt­ana­lysen über Akteure, Anbieter und Ange­bote im Bereich der Gesundheitsförderung/Prävention verfügt, hält die Parti­zi­pa­tion aller Betei­ligten für eine zentrale Frage. „Die BZgA orien­tiert sich an der Praxis, indem wir alle Player ernst­nehmen und zusam­men­bringen – natür­lich auch die Wissen­schaft und den orga­ni­sierten Sport.“

Intelligente Sporträume & gesellige Angebote

Michael Hofmeister, Leiter des Sozi­al­re­fe­rats des Hessi­schen Städ­te­tages, ist der Meinung, dass in vor allem klei­neren Städten und Kommunen häufig eine bereichs­über­grei­fende Planung für den Sport der Älteren fehle und bekräf­tigte: „Sport­stätten, aber auch Park­an­lagen und andere Räume in der Stadt, müssen so intel­li­gent gestaltet und einge­bunden sein, dass Menschen moti­viert werden, sich dort sport­lich zu bewegen.“ Hofmeister nennt in diesem Zusam­men­hang auch die Trimm-Dich-Pfade und Bewe­gungs­par­cours, die immer mehr Kommunen aktuell wieder­ent­de­cken und neu in das Stadt­bild inte­grieren.

Sehr wichtig für Ältere und damit für den Sport der Älteren ist auch das gesel­lige Angebot der Sport­ver­eine, denn gerade im Alter leben immer mehr Menschen alleine. Die Vereine werden somit eine Art soziale Begeg­nungs­stätte für alle Gene­ra­tionen, die der Verein­sa­mung im Alter entge­gen­steuert. Walter Schnee­loch rief aber auch die Älteren dazu auf, ihre Kompe­tenzen einzu­bringen und Verant­wor­tung zu über­nehmen, denn „ohne die Älteren geht nichts im Ehrenamt der Sport­ver­eine in Deutsch­land“.

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