Das Stadion der Zukunft

Jedenfalls aus der Sicht von 1962

Dieser Text erschien zuerst auf den sehr geschätzten Seiten von “11 Freunde.de”.

Die Zukunft, unendliche Weiten

Wir schreiben das Jahr 1962 und in England grübelt sich ein Mann namens Arthur Green­wood einen rauchenden Kopf über die Zukunft des Fußball­sta­dions. Wie wird sie wohl aussehen, die Arena von Morgen? Er grübelt, ehe er schließ­lich Gewiss­heit hat. So und nicht anders! Und weil Zukunfts­themen immer sexy sind, druckten findige Jour­na­listen ab, was Mr. Green­wood sich so unter seinem Seiten­scheitel zusam­men­ge­dacht hatte. Zum Glück!

Denn dank eines Reddit-Users ist dieses Zeit­do­ku­ment nun wieder ans Tages­licht gekommen. Was die Frage aufwirft: Was davon ist tatsäch­lich Wirk­lich­keit geworden? 11FREUNDE hat die Visionen eines uns nicht näher bekannten Englän­ders geprüft, unter anderem auch, weil er einen weißen Kittel trägt.

 

FIBRE GLASS SLIDING ROOF COLLECTS RAIN FOR USE IN DRY PERIODS

Ein Dach, das Regen­wasser sammelt? Bingo. Gibt es in Brasi­lien, wo fast alle Stadien für die WM 2014 auch in Sachen ökolo­gi­scher Nutzen fit gemacht wurden. Gibt es selbst in der engli­schen Provinz. Zum Beispiel bei den Forest Green Rovers. Aber gut, Regen­wasser sammeln ist das kleine ABC des großen Zukunfts­for­schers. Da muss mehr kommen. Zum Beispiel:

 

ROOM FOR HELICOPTERS TO LAND ON ROOFS

Heli­ko­pter-Lande­plätze auf Tribü­nen­dä­chern? Was Franz Becken­bauer wahr­schein­lich für eine ganz ausge­zeich­nete Idee hielte, hat sich so dann doch nicht einge­stellt. Aber was ist nicht ist, kann ja noch werden. Schließ­lich gibt es etwa in Cardiff zumin­dest schon einen Heli­ko­pter­lan­de­platz in unmit­tel­barer Nähe zum Stadion. Und da die Schere zwischen Arm und Reich bekannt­lich immer größer und größer wird, und mithin also bestimmt auch die Helik­toper-Dichte unter den Deka­denz-Ultras dieser Welt, kann das nur eine Frage der Zeit sein. 

 

REFEREE SITS IN BOX SUSPENDED OVER PITCH

Ein Schieds­richter, der über den Dingen schwebt? Spötter mögen meinen, so mancher Unpar­tei­ische sei dieser Vision zumin­dest qua Selbst­ver­ständnis schon bedenk­lich nahe gekommen. Zyniker mögen anmerken, dass damit doch einzig der Video-Referee gemeint sein könne. Und wäre das nicht eine gute Idee? Den Video-Schiri zumin­dest als Holo­gramm über dem Spiel­ge­schehen kreisen zu lassen? Denn was nützt der Unmut aller Fans, wenn er sich nicht explizit gegen jemanden richten kann? Also: Handeln, DFL.

 

FLOODLIGHTS SUSPENDED FROM SLIDING ROOF ARE DIRECTLY OVER PITCH

Check. Der gute alte Flut­licht­mast hat schließ­lich längst ausge­dient. Was schade ist, denn das Wort Flut­licht­mast klingt einfach verdammt gut. Viel besser zum Beispiel als das schnöde, einfache Flut­licht. Weil der Suffix ‑Mast einfach alles besser macht. Zum Beispiel: Da-Mast.

 

CORNER BUILDINGS HOUSE BOYS FOR TRAINING AND EDUCATION

In die Stadi­onar­chi­tektur inte­grierte Nach­wuchs­aka­de­mien sind eben­falls längst Stan­dard. Respekt, Mr. Green­wood, sie alter Augur jugend­li­cher Ausbeu­tung. 

 

CENTRE CIRCLE TURNS TO SHOW CRICKET PITCH, GYM AND BOXING RING, AND SWIMMING POOL

Auch hier: check! Die Multi­funk­ti­ons­arena ist (leider?) Stadion gewor­dene Realität. Nur das mit dem Swim­ming Pool kam dann doch nicht. Dafür gibt es Biathlon, Stockcar-Rennen und PUR-Konzerte in den Fußball­tem­peln dieser Welt. Doch zumin­dest mit PUR war 1962 wirk­lich nicht zu rechnen. Glück­li­chere Zeiten.

 

ELECTRONIC RAY IS BROKEN WHEN BALL CROSSES LINES, AND FLASHES LIGHT IN REFEREE’S BOX

Klingt fancy und meint nichts anderes als die Torli­ni­en­technik. Dieser Mr. Green­wood aber auch!

 

SEATING ACCOMODATION FOR 250,000

Wie sagt man so schön: Ja gut, äh. Das aktuell größte Stadion der Welt steht in Pjöng­jang, heißt »Stadion Erster Mai« und fasst 114.000 Plätze. Es folgen der Melbourne Cricket Ground (100.024) und das Camp Nou (99.354). Warum die Stadien nicht längst in Rich­tung der Viertel-Million gehen, darüber kann nur speku­liert werden. Daher hier eine will­kür­lich schwache These: Vermut­lich will das einfach niemand putzen.  

 

FOUR TIER STAND

Auch die über­ein­ander gesta­pelten Tribünen sind Wirk­lich­keit geworden. Die Alter­na­tive sieht aber auch aus wie das Olym­pia­sta­dion, an dessen Sitz­platz-Peri­pherie man fast schon in Bran­den­burg ange­kommen scheint. So etwas will man nicht. Nicht einmal in Berlin.

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