Die Sanierung des Aquaris in Borstel
Was Hänschen nicht lernt
Wie eine kleine Gemeinde in Niedersachsen ihr Schwimmbad sanierte und dabei Zeichen setzte.
Schäden wie defekte Rohrleitungen sind häufig der Anlass für Schließungen kommunaler Bäder, insbesondere angesichts der ohnehin schon enormen finanziellen Belastungen infolge von Covid 19 und dem Krieg in der Ukraine.
Besonders kleinere Gemeinden werden durch die Betriebskosten ihrer Bäder stark belastet. Treten dazu noch Schäden auf, ist die Schließung oft die Folge.
Die Samtgemeinde Siedenburg, die mit knapp 4.600 Einwohnern kleinste Samtgemeinde im Landkreis Diepholz, ging mutig andere Wege: Nach rund eineinhalbjähriger Bauzeit wurde das „Aquaris“ im November 2022 wieder eröffnet. Nicht Stilllegung und Abriss, sondern die kosten- und qualitätsbewusste Sanierung des Bades ist das Ergebnis dieses wegweisenden Projektes.
Die ohnehin hohen Betriebskosten des Aquaris Borstel (vor allem für Wasser, Chemie und Heizkosten) wurden durch den täglichen Wasserverlust immer problematischer. Daher gab die Samtgemeinde Siedenburg – ein Zusammenschluss von fünf Gemeinden aus dem niedersächsischen Landkreis Diepholz, darunter Borstel – im Jahr 2019 ein Gutachten in Auftrag.
Dieses Gutachten kam zu dem Schluss, dass die starken Wasserverluste durch defekte Rohrleitungen hervorgerufen wurden. Das ist ein in älteren Bädern häufig auftretendes Problem. Schäden wie diese sind häufig der Anlass für Schließungen kommunaler Bäder, insbesondere angesichts der ohnehin schon enormen finanziellen Belastungen infolge von Covid 19 und dem Krieg in der Ukraine.
Planung
Deye Consulting
D — 26029 Hatten
Bauherr
Samtgemeinde Siedenburg
Beckenlieferant
Myrtha Pools
„Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.“
Die zunehmenden Bäderschließungen sind auch in gesellschaftlicher Hinsicht gefährlich. Rund 20 Prozent der deutschen Kinder zwischen sechs und zehn Jahren konnten im Jahr 2022 nicht schwimmen. Das ist das Ergebnis einer Forsa-Umfrage für die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG). 2017 lag der Anteil der Nichtschwimmer im Grundschulalter noch bei zehn Prozent. Wer im Kindesalter nicht schwimmen lernt, wird es später sehr viel schwerer haben.
Darüber hinaus sind unsere Schwimmbäder wichtige soziale Treffpunkte für alle Altersklassen.
Also reagierte der Samtgemeinderat mutig und vergab den Sanierungsauftrag an Deye Consulting in Hatten.
Die eingesetzte Technologie heißt „RenovAction“ und wird von Myrtha Pools erfolgreich zur Sanierung und Erneuerung bestehender Bäder eingesetzt.
Im Mittelpunkt der Modernisierung stand das neue Becken. Das ausgediente Keramikbecken wurde durch ein Edelstahlbecken mit Folierung ersetzt – ein erprobtes und unschlagbar wirtschaftliches System. Die dahinter steckende Technologie heißt „RenovAction“ und wird von Myrtha Pools erfolgreich zur Sanierung und Erneuerung bestehender Bäder eingesetzt. Dieses Vorgehen nach modularem Prinzip eignet sich für die Sanierung einzelner Bereiche wie Wände, Überlaufrinnen oder Böden, aber auch für die Sanierung der gesamten Beckenstruktur, wie dies in Borstel notwendig war.
Ein weiteres Highlight der Myrtha-Technik ist „Softwalk“, ein weiches, geschlossenporiges Schaumstoffpolster, das auf dem Beckenboden unter der PVC-Beschichtung eingefügt wurde und die Bewegung im Wasser spürbar angenehmer und sicherer gestaltet.
Der Schwimmerbereich erhielt eine breite Treppe, die Wassertiefe im Zugangsbereich wurde von 1,55 m auf 1,20 m verringert. Beide Maßnahmen erleichtern den Zugang spürbar. Das kommt besonders in den höheren Altersklassen sehr gut an und erlaubt es, das Nutzungskonzept des Aquaris Borstel auf alle Altersklassen abzustimmen – und damit die Auslastung des Bades signifikant zu verbessern.
Das Becken ist nun 16,66 m lang und acht Meter breit. Obwohl die Fläche insgesamt etwas größer ist, führt die verringerte Tiefe zu einem Volumen von 240 m³, und das sind energiesparende 20 m³ weniger als vor der Sanierung.
Vor der Sanierung wurde die Wasserqualität durch die große Nachspeisemenge an Trinkwasser gewährleistet. Dies ist nun nicht mehr nötig, das Trinkwasser und die verlorene Wärmeenergie werden jetzt eingespart.
Die Badewasseraufbereitung wurde auf den Stand der Technik gebracht, so dass die Wasserqualität auch bei der höheren Auslastung gewährleistet ist.
Die Messwasser‑, Reinwasser- und Schwallwasserleitungen wurden komplett erneuert. Jetzt gibt es energieeffiziente Pumpen und eine Steuerungstechnik, welche die Betriebskosten minimiert. Die Anlagen im Technikraum wurden grundlegend modernisiert. Hier steht nun die modernste Technik im Umkreis.
Da sich die Leitungen auch in anderen Teilen des Gebäudes als sanierungsbedürftig erwiesen, mussten die Arbeiten ausgeweitet werden. Der gesamte Sanitär- und Duschbereich wurde neu geplant und modern gestaltet. Außerdem wurden auch hier die Ver- Entsorgungsleitungen erneuert.
Ein kleines Bad also, dass dank planerischem Geschick und zukunftsfähiger Modulbauweise entscheidend dazu beiträgt, dass die Kinder in Borstel schwimmen lernen können.
Die Gesamtkosten beliefen sich auf rund 1,2 Millionen Euro. Darin enthalten sind Fördermittel in Höhe von 480. 000 €.
Für diese im Bäderbau sehr bescheidene Summe erhielt das Aquarius in Borstel ein generationengerechtes, blaues Edelstahlbecken mit Folienboden in modernster Modulbauweise, einen komplett neuen Technikraum mit nachhaltiger Ausstattung, sowie neuen Duschen und Umkleiden.
Das Aquarius Borstel ist kein Sport- und Wettkampfbad, aber hinsichtlich seiner Sinnhaftigkeit und Zukunftsfähigkeit ist es rekordverdächtig. Schon jetzt finden hier 20 Sportkurse statt, außerdem haben Schulen, Kindergärten, die Volkshochschule auswärtige Vereine Wasserzeiten gebucht.
Neu im Programm ist ein Angebot für Kleinstkinder ab zwölf Monaten. Ein kleines Bad also, dass sich dank planerischem Geschick und zukunftsfähiger Modulbauweise auf seine Aufgaben der Daseinsvorsorge besinnt und entscheidend dazu beiträgt, dass zumindest die Kinder in Borstel schwimmen lernen können.
Beispielhaft!
Fotos
Christian Fortkamp
Norbert Tharra
Text
Johannes Bühlbecker
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