Die Nationalparkpromenade Norddeich
All inclusive
Dieses Projekt verschmilzt die Belange des Natur- und Küstenschutzes und die Interessen des Tourismus zu einer in jeder Hinsicht gewinnbringenden Symbiose — mit sichtbaren Ergebnissen.
Auf einer Fläche von 13,6 ha wurde der gesamte Strandbereich zwischen Wasserkante und Deichanlage neugestaltet und durch attraktive Strand- und Freizeiteinrichtungen vitalisiert.
Situation
Die Neugestaltung des Strandabschnitts von Norddeich unter dem Namen „Nationalparkpromenade Norddeich“ ist Teil der zeitgemäßen Umgestaltung und Attraktivierung des gesamten Vordeichgeländes. Ziel dieses riesigen touristischem Infrastrukturprojekts ist die Schaffung von Aufenthalts- und Erholungsqualität sowie neuer, abwechslungsreicher Freizeitangebote, die für alle Menschen nutzbar sind.
Der Tourismus an der Nordseeküste ist für die Region von großer wirtschaftlicher Bedeutung, bringt jedoch auch enorme Herausforderungen im Hinblick auf den Natur- und Küstenschutz mit sich. Die hohe Besucherzahl und der Bau touristischer Einrichtungen wie Hotels, Ferienhäuser oder Campingplätze belasten die empfindlichen Ökosysteme der Küstenregion.
Bei der Neugestaltung des Strandbereichs von Norddeich ging es für den Landkreis Norden als Bauherren daher um den Spagat zwischen den Belangen des Natur- und Küstenschutzes auf der einen, und den Interessen des Tourismus und der Wirtschaftsförderung auf der anderen Seite.
Auf einer Fläche von 13,6 ha wurde der gesamte Strandbereich zwischen Wasserkante und Deichanlage neugestaltet und durch attraktive Strand- und Freizeiteinrichtungen vitalisiert. Darüber hinaus wurden die Dünen erhalten, saniert und in Richtung Westen erweitert.
Die Planung wurde der Arge WES LandschaftsArchitektur mit INROS Lackner übertragen. Das gestalterische Gesamtkonzept entwickelte WES LandschaftsArchitektur.
Planer
WES LandschaftsArchitektur
Jarrestr. 80
D — 22303 Hamburg
INROS Lackner
Bismarckstr. 91
D — 10625 Berlin
Bauherr
Die Planung musste die gewünschte Attraktivierung des Strandbereichs und der touristischen Angebote mit den Belangen des Natur- und Küstenschutzes in Einklang bringen.
Ziele und Herausforderungen
Der Tourismus ist für den Landkreis Norden ein bedeutender Wirtschaftsfaktor, denn die Nordseeküste ist ein ausgesprochen beliebtes Reiseziel. Um die Attraktivität der Region zu steigern und sich gegen die Angebote der direkt gegenüberliegenden Inseln Norderney und Juist zu behaupten, sollten vielseitige Freizeitangebote entstehen, die für alle nutzbar sind. Barrierefreiheit hatte daher im gesamten Projektgebiet, von der Deichquerung bis zur Wasserkante, größte Bedeutung.
Die Planung musste die gewünschte Attraktivierung des Strandbereichs und der touristischen Angebote mit den Belangen des Natur- und Küstenschutzes in Einklang bringen. Darüber hinaus sollte die Verbindung des Ortes Norddeich mit der Dünen- und Strandlandschaft verbessert werden.
Die Gesamtbauzeit betrug vier Jahre, die Nettobauzeit aber nur 20 Monate. Das lag daran, dass die Bauzeit aufgrund des Deichschutzes und der Sturmflutsicherung auf fünf Monate im Jahr (April bis September) beschränkt war.
Die Promenade ermöglicht den Besuchern einen barrierefreien Rundweg entlang des Deichs, der Dünen, des Strandes und der Wasserkante.
Rundweg und Weltnaturerbe
Das Herzstück des Projekts ist die als Rundweg angelegte Promenade. Sie ermöglicht den Besuchern einen barrierefreien Rundweg entlang des Deichs, der Dünen, des Strandes und der Wasserkante. Eine neue, barrierefreie Rampenanlage am Haus des Gastes erleichtert das Überqueren des Deiches.
Entlang der Wasserkante prägen das neu errichtete Deckwerk und die darin liegenden Treppenanlagen das Bild. Diese weitläufigen Treppenanlagen bieten großzügige Sitz- und Liegemöglichkeiten sowie Zugang zum Wasser. Außerdem sind sie mit Duschen und Fußduschen ausgestattet. Eine Rampenanlage mit einer Neigung von drei Prozent ermöglicht auch Menschen mit Einschränkungen den Zugang zum Wasser.
Ein weiteres Ziel der Sanierung der Nationalparkpromenade Norddeich war es, das Weltnaturerbe Wattenmeer für Besucher erlebbar zu machen. Neben der Neugestaltung der Düne wurden dazu auch ein Lehrpfad mit 20 Stationen, eine Salzwiesenlandschaft, ein Infocontainer sowie Spiel- und Erlebniselemente für Kinder und Jugendliche geschaffen.
Die Strandlandschaft gliedert sich in drei Bereiche: Im Westen liegt der Hundestrand, in der Mitte der Badestrand und im Osten den Sportstrand.
Probleme und Besonderheiten
Aufgrund des Einflusses der Gezeiten, insbesondere während der Sturmfluten, und dem Bauen im Gezeitenbereich mussten alle Bauwerke und Installationen statisch gegen den Höchstwasserstand und Wellenschlag bemessen werden. Stufenanlagen, Rampen und das Deckwerk zum Wattenmeer konnten nur bei Niedrigwasser errichtet werden, also in einem Zeitfenster von gerade einmal sechs Stunden.
Aus Gründen des Deichschutzes mussten alle anderen Einrichtungen demontierbar gebaut werden, weil sie mit Beginn der Sturmflutsaison abgebaut werden – darunter Duschen, Spiel- und Sportgeräte, Fitnessgeräte, Holzbänke, Sanitär- und Informationscontainer sowie die Handläufe ins Wattenmeer.
Fotos
Text
Johannes Bühlbecker
More Sports Media
Es war das Ziel aller Beteiligten, allen Gästen die Möglichkeit zu geben, die Promenade und das Wattenmeer unabhängig von eventuellen Einschränkungen zu erleben.
Eine Reise für alle
Die Planung sollte auch die Qualitätskriterien der Barrierefreiheit für eine Zertifizierung “Reisen für Alle” erfüllen. Ziel war es, allen Gästen die Möglichkeit zu geben, die Promenade und das Wattenmeer unabhängig von eventuellen Einschränkungen zu erleben. “Reisen für Alle” ist ein Bewertungs- und Informationssystem, das es Gästen ermöglicht, die Eignung touristischer Angebote für ihre individuellen Bedürfnisse selbst zu beurteilen.
Das Land Niedersachsen hat das Projekt aufgrund seiner Barrierefreiheit in den Kategorien Menschen mit Gehbehinderung, Rollstuhlfahrer, Menschen mit Sehbehinderung und Blinde Menschen ausgezeichnet. Darüber hinaus wurde die Nationalparkpromenade Norddeich bereits für den „Deutschen Landschaftsarchitektur-Preis 2023“ und den „Polis Award 2023“nominiert.
Fazit
Die neue Nationalparkpromenade Norddeich verschmilzt die Belange des Natur- und Küstenschutzes und die Interessen des Tourismus zu einer in jeder Hinsicht gewinnbringenden Symbiose.
Sichtbare Ergebnisse sind die direkte Erreichbarkeit des Wattenmeers über barrierefreie Rampen und Stufen, die Schaffung eines außergewöhnlichen Freizeit‑, Sport- und Spielangebots sowie der Erhalt und die Sanierung von Düne, Salzwiese und Wattenmeer.
Ein großer Gewinn ist dieses vorbildliche Projekt natürlich auch für alle Nutzer, egal ob mobilitätseingeschränkt oder nicht, für Alt und Jung, Einheimische und Urlauber – eben für alle Menschen.