Demnächst Fels in der Brandung

Löyly Sauna in Helsinki

Saunakultur

In die Sauna zu gehen, ist ein wesent­li­cher Bestand­teil finni­scher Kultur und natio­naler Iden­tität. Es gibt 5,4 Millionen Finnen und 3,3 Millionen Saunen – in Finn­land. Früher waren öffent­liche Saunen sehr verbreitet. Inzwi­schen sind sie weit­ge­hend aus dem Stadt­bild verschwunden, weil die meisten neuen Häuser und Wohnungen über eine eigene Sauna verfügen. Ande­rer­seits wird das Gefühl von Gemein­schaft zu einem wieder wich­tiger werdenden Bestand­teil städ­ti­schen Lebens, und die öffent­liche Sauna erlebt eine Renais­sance. Mit „Löyly“ (so bezeichnen die Finnen den Dampf, der entsteht, wenn man in einer Sauna Wasser auf heiße Steine schüttet) bietet Helsinki seinen Besu­chern ein ganz­jäh­riges öffent­li­ches Sauna­er­lebnis – ein abso­lutes Muss bei einem Besuch in Finn­land.

Prozess

Das Projekt geht auf die Initia­tive der Stadt Helsinki zur Entwick­lung des Geländes zurück. Herne­saari ist ein ehema­liges Indus­trie­ge­biet an der Küste von Helsinki, das zu einem Wohn­ge­biet ausge­baut wird. Hier gibt es auch einen Kreuz­fahrt­hafen. Für das Gebiet werden neue Nutzungen entwi­ckelt, die auf zukünf­tige Verän­de­rungen reagieren können.

Avanto Archi­tects star­teten das Projekt 2011 mit der Planung eines tempo­rären Sauna­dorfes am äußersten Ende der Halb­insel. Das Konzept war aller­dings finan­ziell nicht trag­fähig, der erste Bauherr sprang ab. Für den zweiten Bauherrn entwi­ckelte avanto eine schwim­mende Sauna. Dieses Konzept war nicht reali­sierbar, weil der Standort zum offenen Meer hin ausge­richtet war und die schwim­mende Struktur den hohen Wellen und dem Druck von Eispa­ckungen nicht stand­halten würde. Schließ­lich entwi­ckelten die Archi­tekten ein neues Frei­form­kon­zept mit drei­eckigen Flächen. Der Bauherr wech­selte erneut und mit Unter­stüt­zung von Öffent­lich­keit und Politik konnten die Bauar­beiten schließ­lich beginnen.

Architekt

Avanto Archi­tects Ltd
Ville Hara and Anu Puus­tinen, Archi­tects SAFA
Kale­van­katu 31 a 3
FI-00100 Helsinki

Team

Qtio Oy (Projekt­ma­nage­ment)
Antti Wester­lund, Hiroko Mori,Laura Nenonen, Xiaowen Xu

Stahlbau

SS-Teracon Oy
Hatan­pään valtatie 34 D
FI-33100 Tampere

JETZIGE STADTSTRUKTUR
ZUKÜNFTIGE STADTSTRUKTUR

Kontext

Die Gegend ist einzig­artig. Weniger als zwei Kilo­meter vom Stadt­zen­trum entfernt ist die Lage zentral, gleich­zeitig bietet sich eine ganze Menge Land­schaft. Das Grund­stück befindet sich in einem künf­tigen Küsten­streifen, der Teil eines brei­teren “Helsinki-Parks” sein wird, welcher die Haupt­stadt mit dem Meer verbindet. Das Gebäude sollte schlank und lang gestreckt sein, um den schmalen Park­streifen nicht zu durch­schneiden. Die Geräusch­ent­wick­lung wird so gering wie möglich gehalten, um Konflikte mit der zukünf­tigen Wohn­be­bauung zu vermeiden. Statt ein konven­tio­nelles Gebäude zu bauen, wurde die Sauna in diesem Kontext zu einer lockeren, facet­tierten Konstruk­tion entwi­ckelt, die mehr Teil des Parks ist als ein tradi­tio­neller Hochbau. Wenn das Holz­ge­bäude grau wird, wird es aussehen wie ein Fels in der Bran­dung.

Bauherr

Antero Vartia und Jasper Pääk­könen
Kidvek­keli Oy

Betreiber

Royal Restau­rants
GRUNDRISS

Architektur

Die archi­tek­to­ni­sche Idee ist einfach: Eine recht­eckige schwarze Box mit den warmen Räumen wird von einem frei geformten Mantel aus Holz über­zogen. Die skulp­tu­rale Struktur aus wärme­be­han­deltem Kiefern­holz hat mehrere Funk­tionen. Sie bietet den Menschen visu­elle Privat­sphäre, die für eine Sauna natür­lich von großer Bedeu­tung ist. Dabei wirken die Lamellen wie Jalou­sien und versperren den Blick von außen, lassen jedoch den Blick aufs Meer von innen zu. Zwischen dem warmen Inneren und dem Gebäu­de­mantel befinden sich geschützte Außen­be­reiche, die zwischen den Sauna­bä­dern zum Abkühlen einladen. Der Mantel bildet intime Terrassen zwischen den Hängen, die als Sitz­ge­le­gen­heit dienen.

Die Struktur schützt das Gebäude vor dem rauen Küsten­klima. Die große Glas­fläche hilft, den Ener­gie­ver­brauch des Gebäudes zu redu­zieren. Darüber hinaus bildet die Fassade eine Treppe, über die man auf das Dach und die Terrassen auf dem Dach des Gebäudes klet­tern kann. Rund 4.000 Hölzer wurden von einer compu­ter­ge­steu­erten Maschine exakt auf die einzelnen Formen zuge­schnitten wurden. Die große Holz­ter­rasse liegt teil­weise auf dem Meer. Man kann das Rauschen der Wellen unter sich hören.

Adresse

Herne­saa­ren­ranta 4
Helsinki
Finn­land

SAUNA

Atmosphäre

Das Gebäude besteht aus zwei Teilen: den öffent­li­chen Saunen und dem Restau­rant. Die Saunen und öffent­li­chen Räume öffnen sich zum Meer hin, mit inter­es­santen Ausbli­cken auf das Stadt­zen­trum und eben das offene Meer. Die Atmo­sphäre ist ruhig, die Räume sind nur mäßig beleuchtet. Zwischen den geschlos­senen Räumen bieten sich inter­es­sante Blick­be­zie­hungen, wenn die Besu­cher sich von einem Bereich zum nächsten bewegen.

Umklei­de­ka­binen und Duschen sind nach Geschlech­tern getrennt. Ein lederner Vorhang über der Tür weist auf den Eintritt in den Unisex-Bereich hin, an dem die Besu­cher einen Bade­anzug tragen müssen. Tradi­tio­nell baden Männer und Frauen getrennt und nackt. avanto Archi­tekten haben eine Sauna­kultur ange­stoßen, in der es möglich ist, gemeinsam mit Freunden geschlechts­un­ab­hängig zu baden.

Interieur

Die Innen­ar­chi­tektur des Restau­rants und der Sauna­lounge stammt von Joanna Laajisto Crea­tive Studio. Ihr Ziel war es, mit einer Art weichem Mini­ma­lismus ein stim­mungs­volles Restau­rant zu schaffen, das die starke Archi­tektur des Gebäudes ergänzt. Die Heraus­for­de­rung bestand darin, intime Sitz­be­reiche in der großen Halle mit zwei Wänden aus Wand- und Decken­segel zu schaffen.

Die Menschen fühlen sich meist am wohlsten, wenn sie mit dem Rücken zur Wand sitzen. Die Planer schufen eine erhöhte Platt­form für den Barbe­reich, die den Raum in zwei verschie­dene Bereiche unter­teilt. Eine hölzerne Abtren­nung veran­kert die langen, indi­vi­duell gestal­teten Sofas, die einen tollen Blick auf das Meer bieten.

Die wich­tigsten Mate­ria­lien, die in den Innen­räumen verwendet werden, sind schwarzer Beton, helles skan­di­na­vi­sches Birken­holz, geschwärzter Stahl und Wolle. Alle Mate­ria­lien sind. Das verwen­dete Birken­holz ist gepresst, verleimt und wärme­be­han­delt. Dies ist eine nach­hal­tige finni­sche Inno­va­tion aus Rest­ma­te­ria­lien der Sperr­holz­in­dus­trie, die norma­ler­weise zur Ener­gie­ge­win­nung verbrannt werden. So wird aus Abfall ein schönes Recy­cling­ma­te­rial. Der Herstel­lungs­pro­zess produ­ziert einen schönen kühlen hellen Farbton und eine lange Lebens­dauer.

Baukosten

€6,000,000

Eröffnung

2016
GEBÄUDE

Saunen

Es gibt drei verschie­dene Saunen, alle werden mit Holz beheizt: eine durch­ge­hend beheizte Sauna, eine andere, die nur morgens beheizt wird und den ganzen Tag warm bleibt und eine tradi­tio­nelle Rauch­sauna – eine echte Selten­heit in einer Stadt­sauna. Auf diese Weise können Besu­cher alle Arten von finni­schem Löyly bei einem einzigen Besuch erleben. Zwischen den Saunen befindet sich ein Well­ness­be­reich mit Kalt­was­ser­be­cken und einem Kamin­zimmer zum Entspannen. Gäste können im Meer schwimmen. Im Winter erwartet den Besu­cher ein “avanto”, das Eisloch zum Winter­baden, ein beliebtes Hobby in Finn­land — und der Name des Archi­tek­tur­büros.

Nachhaltigkeit

Das Gebäude wird mit Fern­wärme beheizt. Strom wird mit Wasser- und Wind­kraft erzeugt. Das Gebäude ist das erste FSC-zerti­fi­zierte Gebäude in Finn­land und das zweite in Skan­di­na­vien. Das Zerti­fikat des Forest Steward­ship Council bestä­tigt, dass das verwen­detet Holz aus verant­wor­tungs­voll bewirt­schaf­teten Wäldern stammt. Das Restau­rant serviert Bio-Lebens­mittel und nach­haltig gefan­genen Fisch.

Autor

Ville Hara und Anu Puus­tinen, Avanto Archi­tects
RESTAURANT

DIE ARCHITEkTEN
Avanto Architects
Avanto Architects

Avanto Archi­tects wurden 2004 von Ville Hara und Anu Puus­tinen gegründet, nachdem sie einen Wett­be­werb für eine Fried­hofs­ka­pelle gewonnen hatten. Das Büro bear­beitet Projekte unter­schied­lichster Größen­ord­nung vom Produkt­de­sign bis zur Stadt­pla­nung für öffent­liche Einrich­tungen, private Unter­nehmen und Privat­kunden. Avanto Archi­tects bietet archi­tek­to­ni­sche Planung und gestal­te­ri­sche Dienst­leis­tungen von der Skizze bis zur Umset­zung. Dabei greifen die Archi­tekten auf aktu­ellste Soft­ware vom Entwurf über Visua­li­sie­rungen bis zur Doku­men­ta­tion zurück.

Avanto bezeichnet das Loch im Eis, das im Winter zum Baden „einlädt“ — ein in Finn­land beliebtes Hobby. „Es symbo­li­siert unsere Design-Philo­so­phie. Wir wollen eine emotio­nale Umge­bung schaffen, indem wir uns in die Welt der Menschen einfühlen, die den Raum nutzen. Wir genießen die Natur und wollen auch zukünf­tigen Gene­ra­tionen die Möglich­keit dazu geben.

VIDEOS
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